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Die Patientenverfügung

Wer schwer erkrankt, wünscht sich natürlich die beste Behandlung, um wieder gesund zu werden. In vielen Fällen sind Patienten aber nicht mehr in der Lage, ihre Wünsche zu äußern. Wer hier im Vorfeld keine klaren Regelungen getroffen und seine präzisen Behandlungswünsche für bestimmte Situationen festgehalten hat, ist den Entscheidungen anderer Menschen ausgeliefert, die den mutmaßlichen Patientenwillen ermitteln müssen – und dabei nur allzu oft falsch entscheiden. Deswegen sollte jeder im Rahmen einer Patientenverfügung für Situationen, in der er keine Entscheidungen mehr treffen kann, vorsorgen.

Ludger Bornewasser, Fachanwalt für Erbrecht und Experte für Testamentsgestaltung in München, klärt Sie im Folgenden über alles Wichtige zur Patientenverfügung auf.

Das Wichtigste zur Patientenverfügung

  • Mit einer Patientenverfügung richtet man an behandelnde Ärzte und das jeweilige Behandlungsteam klare Behandlungswünsche.
  • Die behandelnden Ärzte sind an die in der Patientenverfügung getroffenen Entscheidungen gebunden, sofern diese nicht dem geltenden Recht widersprechen.
  • Ohne Patientenverfügung muss der gesetzlich bestellte Betreuer unter der Gefahr, sich falsch zu entscheiden, den mutmaßlichen Patientenwillen ermitteln.
  • Patientenverfügungen sollten klar und präzise formuliert sein und können jederzeit widerrufen werden.
  • Es ist ratsam, sich von einem Arzt beraten zu lassen, wenn man eine Patientenverfügung erstellen möchte.

1. Wozu dient eine Patientenverfügung?

Gemäß § 1901a BGB können Volljährige in einer schriftlichen Patientenverfügung im Voraus festlegen, ob und wie sie später ärztlich behandelt werden wollen, wenn sie ihren Willen nicht mehr selbst äußern können. Die Verfügung wendet sich also an den Arzt und das Behandlungsteam. Aber auch der Bevollmächtigte oder Betreuer ist an den Behandlungswunsch gebunden.

Ein weit verbreiteter Irrtum ist es, dass die nahen Angehörigen (z. B. der Ehepartner, Lebensgefährte oder die Kinder) befugt sind, diese notwendigen Entscheidungen zu treffen. Entsprechende Regelungen sind in unserer Rechtsordnung nicht vorgesehen. Nur durch eine Patientenverfügung kann man also das Recht auf Selbstbestimmung bei der Wahl der Behandlungsmethode und bei der Frage eines Behandlungsabbruches wahren. Ohne Patientenverfügung wird der Arzt auch bei auswegloser Situation sich im Zweifel für eine Maximalbehandlung entscheiden, um einer eigenen Haftung zu entgehen.

2. Ist eine Patientenverfügung rechtsverbindlich?

Ja. Betreuer und Bevollmächtigte sind im Fall der Entscheidungsunfähigkeit des Betroffenen an seine schriftliche Patientenverfügung gebunden. Sie müssen prüfen, ob die Festlegungen in der Patientenverfügung der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation entsprechen und den Willen des Betroffenen zur Geltung bringen. Auch die Anordnung, lebenserhaltende Maßnahmen zu beenden, muss grundsätzlich befolgt werden.

3. Was geschieht mit dem Patienten ohne Patientenverfügung?

Niemand ist gezwungen, eine Patientenverfügung zu verfassen. Gibt es keine Patientenverfügung oder treffen die Festlegungen nicht die aktuelle Situation, muss der Betreuer oder Bevollmächtigte unter Beachtung des mutmaßlichen Patientenwillens entscheiden, ob er in die Untersuchung, die Heilbehandlung oder den ärztlichen Eingriff einwilligt.

4. Stellen Ärzte ihre Behandlung wegen der Patientenverfügung völlig ein?

Der in einer Patientenverfügung erklärte Verzicht auf die weitere Therapierung einer tödlich verlaufenden Krankheit bedeutet nie eine völlige Einstellung ärztlicher Behandlung: Es geht immer nur um eine Therapiereduktion, also um den Verzicht auf bestimmte Medikamente, Transfusionen, Reanimationen oder Operationen. Die Behandlung hat dann nicht mehr eine Heilung zum Ziel, sondern eine bestmögliche Lebensqualität.

Wegen einer Patientenverfügung wird auch die Pflege nicht eingestellt, selbst wenn man derartiges fordert. Die medizinische und pflegerische Versorgung (menschliche Zuwendung, Stillung des Hunger- und Durstgefühls sowie eine ausreichende Zufuhr von Schmerzmitteln) lässt sich nicht durch eine Patientenverfügung unterbinden. Ärzte und Pflegekräfte akzeptieren zu Recht entsprechende Passagen einer Patientenverfügung nicht, weil sie nicht zulässig sind.

5. Wie sollte eine Patientenverfügung gestaltet sein?

Als Wirksamkeitsvoraussetzung einer Patientenverfügung wurde vom Gesetzgeber in § 1901a BGB die Schriftform eingeführt. Eine notarielle Beurkundung oder Beglaubigung ist damit ebenso wenig erforderlich wie eine Registrierung im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer. Eine vorherige Beratung durch einen Arzt ist sinnvoll, aber nicht zwingend vorgeschrieben. Patientenverfügungen können jederzeit formlos widerrufen werden.

Expertentipp 

Die Gültigkeit der bisher errichteten neun Millionen Patientenverfügungen wird zwar durch das neue Gesetz nicht in Frage gestellt. Da aber in der Vergangenheit viele Patientenverfügungen nicht ausreichend präzise und klar formuliert worden sind, sollten sie durch einen Experten überprüft und bei Bedarf überarbeitet werden.

Der Text der Patientenverfügung muss dabei nicht unbedingt handschriftlich erstellt werden; ein maschinenschriftliches Dokument reicht aus. Die Patientenverfügung muss aber auf jeden Fall eigenhändig mit Angabe von Ort und Datum unterschrieben sein. Sollte man alters- oder gesundheitsbedingt nicht mehr imstande sein, eine Patientenverfügung deutlich lesbar zu unterzeichnen, so ist dringend anzuraten, Zeugen (z. B. den Arzt) hinzuzuziehen.

6. Welchen Inhalt sollte eine Patientenverfügung haben?

Eine Patientenverfügung muss präzise und zweifelsfrei formuliert sein und erkennen lassen, dass man sich nach reiflicher Überlegung für bestimmte Behandlungsmethoden entschieden hat. Allgemein gehaltene Formulierungen, wie z. B. „in Würde sterben zu wollen“ oder „qualvolles Leiden vermeiden zu wollen“ sind gänzlich ungeeignet, das Selbstbestimmungsrecht zu verwirklichen.

Expertentipp von Ludger Bornewasser, Fachanwalt für Erbrecht in München

Man sollte die Patientenverfügung immer mit einer Vorsorgevollmacht absichern. Nur so ist sichergestellt, dass der in der Patientenverfügung zum Ausdruck gebrachte Wille von der Vertrauensperson gegenüber den behandelnden Ärzten und der Familie durchgesetzt werden kann.

7. Ist der Anwendungsbereich einer Patientenverfügung eingeschränkt?

Nein. Die beschlossene Regelung enthält keine Einschränkung der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen. Sie gelten in jeder Lebensphase. Der Wille des Betroffenen ist also unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung zu beachten. Die Gültigkeit der Patientenverfügung wurde vom Gesetzgeber nicht auf Fälle beschränkt, in denen das Grundleiden irreversibel ist und trotz medizinischer Behandlung nach ärztlicher Erkenntnis zum Tode führen wird.

Expertentipp

Festlegungen in einer Patientenverfügung, die auf eine verbotene Tötung auf Verlangen gerichtet sind, bleiben unwirksam. Aktive Sterbehilfe ist und bleibt verboten.

8. Kann man die Patientenverfügung ändern oder widerrufen?

Wer eine Patientenverfügung geschrieben und unterzeichnet hat, kann sie jederzeit abändern, widerrufen, vernichten oder ganz neu abfassen.

9. Welche Aufgaben hat der Betreuer im Zusammenhang mit einer Patientenverfügung?

Die Aufgaben eines Betreuers oder Bevollmächtigten beim Umgang mit einer Patientenverfügung und bei Feststellung des Patientenwillens werden im Gesetz zur Regelung der Patientenverfügung genau geregelt. Der Schutz des Betroffenen wird durch diese verfahrensrechtlichen Regelungen sichergestellt.

Weitere FAQs zum Thema:

Was gilt, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Betreuer/Bevollmächtigten und behandelndem Arzt kommt?

Die Entscheidung über die Durchführung einer ärztlichen Maßnahme wird im Dialog zwischen Arzt und Betreuer bzw. Bevollmächtigtem vorbereitet. Der behandelnde Arzt prüft, was medizinisch indiziert ist und erörtert die Maßnahme mit dem Betreuer oder Bevollmächtigten, möglichst unter Einbeziehung naher Angehöriger und sonstiger Vertrauenspersonen. Sind sich Arzt und Betreuer bzw. Bevollmächtigter über den Patientenwillen einig, bedarf es keiner Einbindung des Betreuungsgerichts. Bestehen hingegen Meinungsverschiedenheiten, müssen folgenschwere Entscheidungen vom Betreuungsgericht genehmigt werden. Dadurch wird gewährleistet, dass bei Missbrauchsgefahr oder Zweifeln über den Patientenwillen der Richter als neutrale Instanz entscheidet.

Stellen Sie mit einer Patientenverfügung sicher, dass Ihr Wille umgesetzt wird

Eine schwere Erkrankung kann jeden Menschen treffen. Auch wenn es schwerfällt, sich mit der eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen, sollte jeder die Möglichkeit nutzen, für den Fall der eigenen Handlungsunfähigkeit vorzusorgen und verbindliche Behandlungsanweisungen zu treffen, die auch dann noch gelten, wenn man sich selbst nicht mehr äußern kann.

Da es bei Patientenverfügungen besonders wichtig ist, auf eine klare und unmissverständliche Formulierung zu achten und viele Eventualitäten zu bedenken, sollte man bei der Formulierung nicht auf professionelle Hilfe verzichten. Als Fachanwälte für Erbrecht in München helfen wir Ihnen bei jeglichen Fragen und Problemen bezüglich einer Patientenverfügung gern weiter. Kontaktieren Sie jetzt unsere Kanzlei und vereinbaren einen Termin.

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