nach oben

Erbe ausschlagen - Vorgehensweise, Fristen, Folgen und Kosten

Wer durch die gesetzliche Erbfolge oder eine letztwillige Verfügung des Todes wegen als Erbe vorgesehen wird, ist nicht zur Annahme des Erbes verpflichtet. Möchte ein oder mehrere Erben ein Erbe nicht annehmen, so haben sie die Möglichkeit, die Erbschaft innerhalb der gesetzlich geltenden Frist von sechs Wochen auszuschlagen.

In diesem Beitrag erhalten Sie detaillierte Informationen darüber, wie Sie ein Erbe ausschlagen können, was Sie dabei beachten müssen, welche Fristen bei der Ausschlagung gelten und wann es sinnvoll sein kann, im Erbfall auf den Nachlass zu verzichten.

Das Wichtigste zur Erbausschlagung kurz zusammengefasst:

  • Kein Erbe muss einen Nachlass annehmen, sondern hat das Recht, von der Erbausschlagung Gebrauch zu machen.
  • Die Erbausschlagung muss innerhalb einer sechswöchigen Frist nach Kenntnisnahme über den Erbfall persönlich beim Nachlassgericht erfolgen.
  • Eine einmal erfolgte Erbausschlagung kann bei Vorliegen eines Anfechtungsgrundes gegebenenfalls wieder rückgängig gemacht werden.
  • Die Ausschlagung eines Erbes kann beispielsweise sinnvoll sein, wenn statt Vermögen nur Schulden vererbt werden.
  • Statt einer Erbausschlagung können Erben eine Nachlassinsolvenz beantragen und so ihr Privatvermögen trotz Annahme der Erbschaft schützen.

1. Wie kann ein Erbe ausgeschlagen werden?

Gemäß § 1942 Abs. 1 BGB steht es jedem Erben frei, ein Erbe ohne Angabe von Gründen auszuschlagen. Damit die Erbausschlagung wirksam ist, muss sie in öffentlicher beglaubigter Form dem jeweils zuständigen Nachlassgericht erklärt werden oder fristgemäß bei einem Notar erfolgen.

Erbausschlagung gibt es allerdings einige Voraussetzungen.

So darf ein Erbe zuvor beispielsweise nicht wirksam angenommen worden sein. Außerdem muss das Erbe innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Wochen ausgeschlagen werden.

2. Wie läuft die Ausschlagung einer Erbschaft ab?

Der jeweilige Erbe, der den Nachlass des Verstorbenen nicht annehmen möchte, muss sich zur Ausschlagung des Erbes persönlich beim Nachlassgericht melden.

Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um das Nachlassgericht am Wohnsitz des Verstorbenen oder des Erben handelt.

Telefonisch, per Mail oder im Rahmen eines formlosen Schreibens ist die Erbausschlagung nicht möglich.

3. Kann ein einmal angenommenes Erbe noch ausgeschlagen werden?

Grundsätzlich haben Erben nach Kenntnis über den Erbfall sechs Wochen Zeit, wenn sie ein Erbe ausschlagen möchten. Tun sie dies nicht, gilt das Erbe in der Regel automatisch als angenommen. Dann ist es nur noch in Ausnahmefällen möglich, das Erbe im Nachhinein noch auszuschlagen.

Um eine einmal angenommenes Erbe anfechten und letztlich doch noch ausschlagen zu können, muss ein sogenannter Anfechtungsgrund vorliegen. Wird dieser Grund vor Gericht anerkannt, stehen die Chancen für eine erfolgreiche Erbanfechtung gut.

Häufig möchten Erben einen Nachlass im Nachhinein ausschlagen, wenn sie erfahren, dass sie statt einem Vermögen lediglich die Schulden des Erblassers geerbt haben.

Nachträgliche Erbausschlagung nach offiziellen Annahme der Erbschaft

Wenn Sie ein Erbe ausschlagen möchten, das offiziell bereits angenommen ist, sollten Sie unbedingt die Dienste eines Erbrechtsexperten in Anspruch nehmen, der Sie bei der Formulierung des Anfechtungsgrundes, beispielsweise der Überschuldung des Nachlasses, und während der Verfahrens unterstützen kann.

Jetzt Kontakt aufnehmen!

4. Kann die Ausschlagung einer Erbschaft rückgängig gemacht werden?

Auch die Ausschlagung eines Nachlasses kann gemäß § 1954 BGB wieder rückgängig gemacht werden, wenn ein Anfechtungsgrund gemäß der §§ 119 und 123 vorliegt, der von der Rechtsordnung anerkannt wird.

Hat sich der Erbe beispielsweise beim Erbe ausschlagen über die Eigenschaften bzw. die Höhe des Nachlasses geirrt und fälschlicherweise das Vorhandensein von Schulden angenommen, ist eine Anfechtung der Erbausschlagung möglich.

Expertentipp von Benno von Braunbehrens, LL.M., Fachanwalt für Erbrecht in München

Wer durch ein Testament, einen Erbvertrag oder Kraft der gesetzlichen Erbfolge als Erbe berufen ist, ist automatisch der Rechtsnachfolger des Erblassers und tritt in die Erbenstellung ein.

Anders als bei der Erbausschlagung muss die Erbschaftsannahme also nicht ausdrücklich erklärt werden. Diesen automatischen Anfall der Erbschaft nennt man auch Vonselbsterwerb.

Dieser Vonselbsterwerb ist nicht für jede Rechtsordnung typisch. In vielen ausländischen Rechtsordnungen muss eine als Erbe vorgesehene Person anders als in Deutschland das Erbe ausdrücklich annehmen, um tatsächlich Erbe und Rechtsnachfolger des Erblassers zu werden. Bei einem Erbfall mit Auslandsbezug sollten Sie also unverzüglich die Hilfe eines Fachanwalt für Erbrecht in Anspruch nehmen.

Als Fachanwalt für Erbrecht in München stehe ich Ihnen hier bei Fragen und Problemen gern zur Seite. Nehmen Sie bei Bedarf einfach Kontakt zu mir auf.

5. Welche Frist ist für die Erbausschlagung einzuhalten?

Für die Ausschlagung einer Erbschaft ist eine Frist von sechs Wochen einzuhalten. Diese Frist beginnt nach § 1944 Abs. 2 BGB ab dem Zeitpunkt zu laufen, an dem der Erbe Kenntnis über seine Erbenstellung erlangt hat. Ist ein Erbe durch ein Testament oder einen Erbvertrag zum Erben berufen, beginnt die Ausschlagungsfrist also dann, wenn das Nachlassgericht ihn über die letztwillige Verfügung informiert hat (§ 1944 Abs. 2 BGB).

Die sechswöchige Frist verlängert sich auf sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte oder sich der Erbe bei Fristbeginn im Ausland aufgehalten hat (§ 1944 Abs. 3 BGB). 

Das Nachlassgericht prüft in einem späteren Erbscheinverfahren (nicht also bereits bei Zugang der Ausschlagungserklärung), ob die Ausschlagung der Erbschaft form- und fristgerecht erfolgt ist.

6. Was kostet die Erbschaftsausschlagung?

Für die Ausschlagung einer Erbschaft fallen für die Erklärung über den Erbverzicht relativ geringe Kosten an. Diese richten sich nach § 45 KostO und betragen eine halbe Gebühr, die anhand des Nachlasswertes berechnet wird. Eine Erbausschlagung kostet allerdings mindestens 15 €.

7. Welche Folgen hat die Ausschlagung einer Erbschaft?

Die Erbausschlagung bezieht sich auf den gesamten Nachlass. Das bedeutet, dass der Ausschlagende auch den Anspruch auf seinen Pflichtteil verliert, insofern er zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Erben gehört. Hiervon gibt es allerdings Ausnahmen:

Mit der Erbschaft wird so verfahren, als hätte der Ausschlagende zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht gelebt (§ 1953 Abs. 2 BGB).

Ein überlebender Ehegatte, der mit dem Erblasser im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat, hat auch dann noch Anspruch auf einen Pflichtteil, wenn er die Erbschaft ausschlägt.

Das Wichtigste zum Ehegattenerbrecht

Ein pflichtteilsberechtigter Erbe hat ein Wahlrecht zwischen der Erbschaft und dem Pflichtteil, wenn der Erbteil mit einer Beschwerung oder Beschränkung belastet ist. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn das Erbe mit einem Vermächtnis oder einer Auflage einhergeht, ein Nacherbe eingesetzt, ein Testamentsvollstrecker ernannt oder es durch eine Teilungsordnung beschränkt ist.

8. Wann ist es sinnvoll, das Erbe auszuschlagen?

Die Ausschlagung einer Erbschaft kann aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein. Am häufigsten entscheiden Erben sich für die Erbausschlagung, wenn der Nachlass überschuldet ist. Für Schulden des Erblassers müssen die Erben nämlich gegebenenfalls auch mit ihrem Privatvermögen für die Schulden und Verbindlichkeiten haften.

Allerdings gibt es auch noch andere Gründe, die eine Ausschlagung der Erbschaft nahelegen:

  • In der Erbmasse befinden sich stark baufällige Immobilien, weswegen eine Entscheidung für die Annahme der Erbschaft zunächst eine finanzielle Belastung für die Erben bedeutete, weil sie eine Menge Geld in die Renovierung stecken müssten.
  • Der Erbe hat private Gründe für die Ausschlagung des Erbes, beispielsweise lebt er im Ausland und hat keine Zeit oder Lust, sich um den Nachlass zu kümmern.

Expertentipp von Benno von Braunbehrens, LL.M., Fachanwalt für Erbrecht in München

Fällt eine Erbschaft Minderjährigen an, so kann diese nur von den beiden Elternteilen in Vertretung des Kinder ausgeschlagen werden (§ 1629 Abs. 1 BGB).

Außerdem muss in diesem Fall die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vorliegen – es sei denn, die Kinder sind deshalb Erbe geworden, weil ein Elternteil die Erbschaft ausgeschlagen hat (§ 1643 Abs. 2 BGB). Dann treten die Kinder in die Fußstapfen der Eltern.

9. Welche Alternativen zur Erbausschlagung gibt es?

Meistens wollen Erben einen Nachlass deshalb nicht annehmen, weil sie statt Vermögen nur Schulden erben würden. Allerdings gibt es zum Erbe ausschlagen Alternativen.

So kann ein Erbe beispielsweise eine Nachlassverwaltung oder ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen, um die eigene Haftung zu beschränken.

Mit der Nachlassverwaltung bzw. der Nachlassinsolvenz verhindern die Erben bzw. Angehörigen, dass sie nach dem Tod des Erblassers mit ihren privaten Vermögenswerten haften und so die eigenen Vermögensverhältnisse negativ belastet werden und vielleicht sogar aufgrund des Erbes eine Privatinsolvenz droht.

Bei Fragen zur Erbenhaftung im Zusammenhang mit anderen Optionen zum Erbe ausschlagen wenden Sie sich am besten an einen Fachanwalt für Erbrecht.

Wie kann ein Fachanwalt für Erbrecht bei der Erbausschlagung helfen?

Wenn Sie Erbe eines Nachlasses sind und sich nicht sicher sind, ob Sie das Erbe mit allen Nachlassverbindlichkeiten annehmen sollten oder nicht, nehmen Sie unbedingt eine Beratung bei einem Fachanwalt für Erbrecht in Anspruch.

Dieser kann Sie zu diesem und anderen Rechtsthemen umfassend beraten, Ihnen bei Fragen zum Gesetz behilflich sein und Sie gegebenenfalls bei der Anfechtung eines angenommenen oder ausgeschlagenen Erbes unterstützen.

Als Fachanwälte für Erbrecht in München sind wir der richtige Ansprechpartner für Sie, wenn es um das Thema Erbe ausschlagen geht. Nehmen Sie jetzt Kontakt zu uns auf, um einen Termin für ein Erstgespräch zu vereinbaren.

Jetzt Kontakt aufnehmen!