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Kinder enterben, Pflichtteil begrenzen, reduzieren & umgehen

Beziehungen zwischen Eltern und Kindern sind nicht immer so harmonisch, wie man es sich wünscht. Wenn es dann ans Thema Erben geht, haben manche Eltern den Wunsch, unliebsame Personen aus der Verwandtschaft zu enterben. Was viele dabei nicht bedenken ist, dass nahe Angehörige trotz Enterbung Anspruch auf den sogenannten Pflichtteil haben. Doch auch hier gibt es Möglichkeiten, den Pflichtteil zumindest zu reduzieren oder unter Umständen sogar ganz zu entziehen.

Erfahren Sie hier, wie Sie Ihre Kinder enterben und den Pflichtteil reduzieren können.

Enterben & Pflichtteil umgehen - Das Wichtigste in Kürze

  • Kinder, die per Testament enterbt werden, haben einen Anspruch auf einen Pflichtteil.
  • Der Pflichtteil lässt sich nur unter strengen Voraussetzungen ganz entziehen.
  • Allerdings gibt es verschiedenen Möglichkeiten, den Pflichtteil der eigenen Kinder wirksam zu reduzieren.
  • Der Pflichtteil lässt sich unter anderem durch Schenkungen zu Lebzeiten, Adoption und den gewählten ehelichen Güterstand schmälern.
  • Gegen die Zahlung einer Abfindung kann zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigtem ein notarieller Pflichtteilsverzicht vereinbart werden.

1. Video: Wie kann der Erblasser den Pflichtteil zu Lebzeiten reduzieren?

Im Video erfahren Sie von Ludger Bornewasser, Fachanwalt für Erbrecht, wie Sie als Erblasser Pflichtteile bereits zu Lebzeiten auf legale Weise reduzieren können. Die Höhe einer Pflichtteilsforderung ergibt sich aus der Pflichtteilsquote und dem Nachlass. An beiden Punkten können Sie bereits zu Lebzeiten ansetzen. So reduziert sich die Pflichtteilsquote der eigenen Kinder beispielsweise durch die Adoption der Kinder des Partners. Aber auch durch die Wahl des ehelichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft und durch Schenkungen zu Lebzeiten lassen sich Pflichtteilsansprüche wirksam und legal reduzieren.

So reduzieren Sie die Pflichtteilshaftung des Erben

2. Darf man seine Kinder enterben?

Jeder Erblasser hat nach deutschem Erbrecht grundsätzlich die Befugnis, über seinen Nachlass frei zu verfügen. Er kann selbst bestimmen, wer in welcher Höhe Teile vom Nachlass erhalten soll. Es ist also ohne Einschränkung möglich, auch die eigenen Kinder zu enterben.

Eingeschränkt ist der Erblasser im Rahmen dieser Testierfreiheit nur vom Pflichtteilsrecht. Der Pflichtteil steht nahen Angehörigen auch dann zu, wenn sie durch eine letztwillige Verfügung des Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen werden.

Das Wichtigste zum Pflichtteil & Pflichtteilsanspruch

3. Wie kann man seine Kinder enterben?

Wenn Sie Ihr Kind enterben möchten, müssen Sie ein Testament aufsetzen: Sie müssen sich also bewusst gegen die gesetzliche Erbfolge und für die gewillkürte Erbfolge entscheiden. Bei der Enterbung eines Kindes per Testament haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder enterben Sie über ein Testament oder ein Negativtestament.

Kinder enterben mittels Testament

Die Enterbung eines Kindes mit einem Testament funktioniert einfach dadurch, dass Sie ihren Nachlass unter anderen Personen oder Organisationen aufteilen. Möchten Sie Ihr Kind also nicht als Erben einsetzen, bestimmen Sie per Testament einfach andere Erben – beispielsweise Ihren Partner, Ihre Geschwister oder andere Verwandte.

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Kinder enterben mit Negativtestament

Eine weitere Möglichkeit, Ihre Kinder zu enterben, ist das Negativtestament. Hier benennen Sie alle, die Sie von der Erbfolge ausschließen möchten. Eine Formulierung könnte beispielsweise lauten: „Hiermit enterbe ich meinen Sohn Michael. Auch seine Abkömmlinge sollen von der Erbfolge ausgeschlossen werden.“

Kinder erhalten trotz Enterbung einen Pflichtteil

Enterbte Kinder gehen aber nicht leer aus. Sie erhalten trotz Enterbung ihren Pflichtteil vom Nachlass. Der Pflichtteil beläuft sich dabei auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Wie hoch der Pflichtteil genau ausfällt, hängt von verschiedenen Faktoren ab: dem Nachlasswert und der gesetzlichen Erbquote. Diese wird bei verheirateten Erblassern auch vom Güterstand beeinflusst, in dem der Erblasser gelebt hat.

Berechnung des Pflichtteils & Bestimmung der Höhe 

4. Wie kann man Kindern den Pflichtteil entziehen?

Unter bestimmten Umständen ist es nicht nur möglich, seine Kinder zu enterben, sondern ihnen auch den Pflichtteil vollständig zu entziehen. Für die Pflichtteilsentziehung müssen allerdings drastische Gründe vorliegen. Diese sind in § 2333 BGB aufgeführt:

(1)   Der Erblasser kann einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen, wenn der Abkömmling 

  1. dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet,
  2. sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der in Nummer 1 bezeichneten Personen schuldig macht,
  3. die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder
  4. wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird.

(2)   Absatz 1 gilt entsprechend für die Entziehung des Eltern- oder Ehegattenpflichtteils.

Um sicherzugehen, dass der Pflichtteil auch wirklich entzogen wird, müssen Sie die Pflichtteilsentziehungsgründe ausführlich und nachvollziehbar im Testament selbst erläutern. Hierbei sollten Sie auf jeden Fall die Hilfe eines erfahrenen Anwalts in Anspruch nehmen. Als Experten für Erbrecht unterstützen wir Sie jederzeit gern bei Ihrer Nachlassplanung. Nehmen Sie jetzt Kontakt zu uns auf!

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5. Den Pflichtteil reduzieren – diese Möglichkeiten haben Sie

Oftmals ist ein Pflichtteilsentzug nicht möglich, weil keiner der Pflichtteilsentziehungsgründe greift. In einem solchen Fall ist zu prüfen, ob der Pflichtteil unliebsamer Angehöriger reduziert werden kann. Für eine Pflichtteilsreduzierung haben Sie verschiedene Möglichkeiten, die ich Ihnen im Folgenden näher erläutere.

Mit Schenkungen zu Lebzeiten den Pflichtteil reduzieren

Eine wirksame Möglichkeit, um den Pflichtteil der Kinder zu reduzieren, sind Schenkungen zu Lebzeiten. Unter einer Schenkung versteht man eine Zuwendung an Verwandte, Freunde oder z.B. eine karitative Organisation, die durch den Erblasser zu Lebzeiten erfolgt. Hierbei müssen Sie aber beachten, dass Schenkungen, die im Zeitraum von zehn Jahren vor dem Tod des Erblassers stattgefunden haben, einen sogenannten Pflichtteilergänzungsanspruch auslösen. Das bedeutet, dass diese Schenkungen den Gesamtpflichtteil erhöhen. Liegt eine Schenkung länger als 10 Jahre vor dem Erbfall zurück, löst sie grundsätzlich keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch mehr aus. Hierzu gibt es aber einige Ausnahmen, die Ihnen ein erfahrener Fachanwalt für Erbrecht erläutern kann.

Weitere Informationen zu Schenkungen und vorweggenommene Erbfolge

Den Pflichtteil reduzieren durch Adoption

Um den Pflichtteil der eigenen Kinder zu reduzieren, kann ein Erblasser beispielsweise die Kinder seines Partners aus dessen früheren Beziehungen adoptieren. Diese sind dann den eigenen Kindern rechtlich gleichgestellt, wodurch die Pflichtteilsquote der eigenen Kinder wirksam reduziert werden. Für die erfolgreiche Durchführung einer Adoption sollten Sie die Hilfe eines erfahrenen Fachanwalts für Erbrecht in Anspruch nehmen.

6. Hat die Wahl des ehelichen Güterstandes Auswirkungen auf den Pflichtteil?

Die Wahl des Güterstandes in einer Ehe hat erhebliche Auswirkungen auf die Pflichtteile der Kinder. Hat ein Ehepaar beispielsweise zwei Kinder und der Ehemann verstirbt, so beträgt der Erbteil der überlebenden Frau

  • beim Güterstand der Gütergemeinschaft 1/4,
  • beim Güterstand der Gütertrennung 1/3,
  • und beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft 1/2.

Der Pflichtteil der Kinder würde also beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft am geringsten ausfallen.

Weiteres zum Erbrecht des Ehegatten und besonderheiten der Güterstände

7. Was ist ein Pflichtteilsverzicht?

Es ist möglich, zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten einen notariellen Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren. Lässt sich das Kind auf einen Pflichtteilsverzicht ein, so kann es im Erbfall seinen Pflichtteil weder verlangen noch einklagen. In der Regel wird ein Pflichtteilsverzicht nur gegen den Erhalt einer Abfindung geschlossen.

Pflichtteilsverzicht - Auswirkungen, Form und Vorteile

8. Kann man Kinder enterben, die Enkel aber als Erben einsetzen?

Jeder Erblasser hat das Recht, seinen Nachlass so zu verteilen, wie er möchte. Es ist also problemlos möglich, eine Erbfolgeregelung zu treffen, bei der die eigenen Kinder enterbt, die Enkel aber als Erben eingesetzt werden. Bedenken Sie aber, dass Ihre eigenen Kinder trotz der Enterbung noch einen Pflichtteilsanspruch haben.

Einen Pflichtteilsanspruch haben Enkelkinder nur dann, wenn sie ein eigenes gesetzliches Erbrecht haben, das ihnen von den Großeltern durch eine Verfügung des Todes wegen genommen wurde. Allerdings kommen sie auch dann nur selten zum Zug: Sie gehören zwar zu den gesetzlichen Erben erster Ordnung und sind somit pflichtteilsberechtigt, gelangen aber nur dann zur Erbfolge, wenn der Elternteil, durch den die Verwandtschaft zum verstorbenen Großelternteil besteht, bereits vorverstorben ist.

9. Lassen Sie sich von einem Experten beraten

Eltern, die ihre Kinder enterben oder deren Pflichtteil reduzieren möchten, sollten sich vom Erbrechtsexperten beraten lassen. Als Fachanwälte für Erbrecht und Experten für Testamentsgestaltung stehen wir Ihnen bei Fragen rund um die Themen Kinder enterben und Pflichtteil reduzieren zur Seite. Vereinbaren Sie jetzt einen Termin für ein Erstgespräch!

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