nach oben

Die gesetzliche Erbfolge – Erbfolge, wenn kein Testament vorhanden ist

Die gesetzliche Erbfolge tritt dann ein, wenn der Erblasser für den Erbfall kein Testament zugunsten seiner Abkömmlinge oder anderer Menschen errichtet hat oder dieses unwirksam ist.

Viele Menschen verlassen sich ganz darauf, dass nach ihrem Tod alles in ihrem Sinne korrekt läuft und ihr Nachlass unter den Erben fair verteilt wird. Die Ursachen dafür lassen sich kurz zusammenfassen: Viele alte Menschen haben nichts oder nur wenig zu vererben, so dass sich ein Testament erübrigt. Etliche Leute mit Vermögen kennen in groben Zügen die gesetzliche Erbfolge und sind damit ganz zufrieden. Wieder anderen Menschen ist es egal, wer ihren Nachlass erhält. Eine weitere Gruppe aus der Bevölkerung verfügt beim Tod über kein Testament: Leute mit 30, 40 oder 50 Jahren, die bei Unfällen oder aufgrund unerwarteter schwerer Erkrankungen plötzlich versterben, haben meist zum Zeitpunkt ihres Todes noch gar nicht daran gedacht, etwas zu vererben und ihren Nachlass zu regeln und hierfür ein Testament zu verfassen. In all diesen Fällen gilt die „gesetzliche Erbfolge“, bei der die Abkömmlinge als Erben in der Erbreihenfolge an erster Stelle stehen und eine Erbengemeinschaft bilden.

Wer erbt ohne Testament?

  • Hat der Erblasser kein Testament errichtet oder ist es unwirksam, bestimmt die gesetzliche Erbfolge, welche Personen die Erben sind.
  • Das Gesetz legt in diesem Fall eine Erbfolge fest, welche sich nach dem Verwandtschaftsgrad richtet und zunächst die Abkömmlinge des Erblassers sowie den Ehepartner berücksichtigt.
  • Zur 1. Ordnung zählen Kinder sowie Enkel.
  • Zur 2. Ordnung zählen Eltern und Geschwister.
  • Zur 3. Ordnung zählen Großeltern, Tanten und Onkel.
  • Findet sich auch nur ein lebender Erbberechtigter der ersten Ordnung, kommen Angehörige der zweiten Ordnung nicht als Erbe infrage.

1. Wann gilt die gesetzliche Erbfolge?

In folgenden Fällen richtet sich die Erbfolge nach dem Gesetz:

  • Es gibt zur Regelung des Nachlasses weder ein Testament noch einen Erbvertrag.
  • Das Testament ist unwirksam oder wird erfolgreich angefochten.
  • Die testamentarische Erbeinsetzung ist ausgeschlagen worden.

2. Schaubild: Das Ordnungssystem der gesetzlichen Erbfolge

Ein Erblasser, der unverheiratet (also ledig, verwitwet oder geschieden) und ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstirbt, wird kraft Gesetzes von seinen Verwandten beerbt.

Der Gesetzgeber hat die Verwandten jeweils einer bestimmten Erbordnung bzw. Erbreihenfolge zugeordnet:

  • Zu den Erben der ersten Ordnung gehören gem. § 1924 BGB seine Kinder, seine Enkel und Urenkel, also die Abkömmlinge des Erblassers.

  • Zu den Erben zweiter Ordnung gehören die Eltern des Erblassers, seine Geschwister sowie die Neffen und Nichten.

  • Großeltern und die Onkel und Tanten des Erblassers gehören zu den Erben der dritten Ordnung.

  • Zur vierten Ordnung gehören die Urgroßeltern sowie Großonkel und Großtanten.

Gesetzliche Erbfolge - Schaubild

Gesetzliche Erbfolge - Schaubild

Für das gesetzliche Erbrecht dieser Verwandten gilt, dass eine nähere Erbordnung die Verwandten einer entfernteren Erbordnung von der Erbfolge ausschließt.

Ist also ein Kind oder Enkelkind vorhanden, so kommen die Eltern und Geschwister des Erblassers erbrechtlich nicht zum Zuge. Ist ein Kind des Erblassers bereits verstorben, so treten dessen Kinder, also die Enkelkinder des Erblassers, an die Stelle des weggefallenen Kindes.

War der Erblasser bei seinem Ableben verheiratet, so erhält die Witwe bzw. der Witwer einen gesetzlichen Ehegattenerbteil. Das restliche Erbe wird dann nach dem vorhandenen Erbrecht verteilt. Die Höhe des Erbteils des Ehegatten hängt ab vom ehelichen Güterstand (Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung oder Gütergemeinschaft), den der Erblasser bei seinem Ableben hatte.

Die Erben treten gemeinsam in die Gesamtrechtsnachfolge des Erblassers ein und bilden mit Eintritt des Erbfalls eine Erbengemeinschaft.

Das könnte Sie auch interessieren: Gesetzliche Erbfolge bei Ehegatten

3. Wer ist Erbe 1. Ordnung?

Das sind gemäß § 1924 BGB die „Abkömmlinge“ des Erblassers und deren „Abkömmlinge“, also Kinder, Enkel und Urenkel des Verstorbenen ebenso wie die nichtehelichen und adoptierten Kinder. Es findet dabei eine „Erbfolge nach Stämmen“ statt:

Erbfolge nach Stämmen

  • Kinder erben zu gleichen Teilen. Ihr Erbanteil beträgt das Doppelte des Pflichtteils, den sie beim Vorhandensein eines Testaments mindestens erhalten müssten.
  • Ein zur Zeit des Erbfalls lebendes „Stammoberhaupt“ schließt die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge aus.
  • Lebt beim Erbfall ein Abkömmling nicht mehr, treten an seine Stelle die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge.

4. Wer ist Erbe 2. Ordnung?

Sind beim Tod des Erblassers keine Erben erster Ordnung vorhanden, so kommen die Erben zweiter Ordnung zum Zuge. Das sind gemäß § 1925 BGB die Eltern des Erblassers und deren „Abkömmlinge“, also Geschwister, Neffen und Nichten.

Es gelten bei Erben 2. Ordnung folgende Prinzipien:

  • Leben zum Zeitpunkt des Erbfalls beider Elternteile, so fällt ihnen jeweils die Hälfte des Nachlasses zu; die Geschwister des Erblassers gehen also leer aus und werden nicht am Nachlass beteiligt.
  • Lebt ein Elternteil nicht mehr, so fällt der Erbteil von 1/2 an die Abkömmlinge des vorverstorbenen Vaters bzw. der vorverstorbenen Mutter.
  • Sind keine Abkömmlinge des vorverstorbenen Elternteils vorhanden, dann erbt der überlebende Elternteil allein.

Expertentipp von Benno von Braunbehrens, LL.M., Fachanwalt für Erbrecht in München:

Auch geschiedene Eltern des Erblassers sind gesetzliche Erben 2. Ordnung. Will z.B. die geschiedene Mutter eines Kindes (das selbst noch keine eigenen Kinder hat) verhindern, dass ihr Nachlass im Erbfall an das Kind und danach im Falle des Nachversterbens des Kindes an den „Ex-Mann“ und Vater des gemeinschaftlichen Kindes fällt, muss die geschiedene Mutter ein so genanntes „Geschiedenentestament“ errichten.

Informationen zum Testamentsgestaltung für Geschiedene

5. Wer ist Erbe 3. Ordnung?

Die Erben 3. Ordnung kommen laut Erbreihenfolge erst zum Zuge, wenn keine gesetzlichen Erben der 1. und 2. Ordnung zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhanden sind. Hierzu zählen die Großeltern des Erblassers und deren „Abkömmlinge“, also Onkel, Tanten, Cousinen und Cousins.

Es gelten bei Erben 3. Ordnung folgende Prinzipien:

  • Wenn alle Großeltern noch am Leben sind, erben sie allein und jeder erhält 1/4 des Nachlasses.
  • Ist ein Großelternteil, also Großvater oder Großmutter, vorverstorben, so erhalten dessen Abkömmlinge den Erbanteil von 1/4. Hat der vorverstorbene Großelternteil keine Abkömmlinge hinterlassen, so fällt der Erbanteil von 1/4 an den anderen Teil des Großelternpaars, und – wenn dieser ebenfalls vorverstorben ist – an dessen Abkömmlinge bzw. Nachkommen.
  • Lebt ein Großelternpaar nicht mehr und hat es auch keine Abkömmlinge hinterlassen, dann erbt das andere Großelternpaar allein.

6. Welche Rangfolge gilt zwischen den Erben aus unterschiedlichen Erbordnungen?

Vorrang haben gemäß § 1930 BGB immer die Erben der niedrigsten Ordnung, die den Erblasser überleben (so genannte Sperrwirkung). Hat der Verstorbene Kinder, sind sie die Erben (zusammen mit dem Ehepartner), alle anderen Verwandten sind in diesem Fall von der Erbfolge ausgeschlossen. Wer weder Kinder noch Ehegatten hat, hinterlässt sein Vermögen seinen Eltern und seinen Geschwistern, und – wenn diese bereits verstorben sind – den Neffen und Nichten.

7. In welchen Fällen ist die gesetzliche Erbfolge nicht die optimale Lösung?

Es kommt immer ganz auf den Willen des Erblassers an, ob die gesetzliche Erbfolge oder ein Testament die bessere Lösung darstellt. In folgenden Fällen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – bewährt sich ein Testament im Vergleich zur gesetzlichen Erbfolge nach BGB-Paragraphen. Der Erblasser will durchsetzen,

  • dass kein Streit unter Erben und keine schweren Auseinandersetzungen zwischen den Miterben in einer Erbengemeinschaft entstehen;
  • dass der Ehepartner nach dem eigenen Tod weiterhin in der Immobilie wohnen und nicht von anderen Erben bedrängt werden kann, das Haus oder die Wohnung zu verkaufen;
  • dass das Vermögen zum Teil oder komplett in eine Stiftung fließt oder wohltätigen und gemeinnützigen Zwecken zugeführt wird;
  • dass die eigenen Nachkommen erst nach dem Tod des länger lebenden Ehepartners erben;
  • dass Kinder nicht gleich erben oder jeweils ganz bestimmte Dinge (Wertgegenstände, Immobilien, Aktien) erben, was oft durchaus im Sinn der Nachkommen ist;
  • dass das eigene Unternehmen nicht nach dem Todesfall in der Existenz bedroht ist, da unternehmerische Entscheidungen nur mit deutlicher Verzögerung bis hin zur Insolvenzgefahr getroffen werden können;
  • dass die Erbschaftsteuer für die Angehörigen deutlich minimiert wird.

8. Erbfolge bei Ehegatten

Die Ordnung der Verwandten ist nur eine Grundlage der Vererbung nach den gesetzlichen Regeln, eine wesentliche andere ist die Erbberechtigung der Ehepartner und eingetragene Lebenspartner. Fehlen Kinder, erben Ehepartner zusammen mit den Verwandten der 2. Ordnung, also den Eltern oder einem Elternteil des Verstorbenen, nach deren Tod oder Ausschlagung der Erbschaft die Geschwister und erst nach dem Tod oder der Ausschlagung eines Bruders oder einer Schwester des Verstorbenen die jeweiligen Kinder, also die Neffen und Nichten des Erblassers.

Es hängt wesentlich von dem bei der Heirat vereinbarten Güterstand der Eheleute ab, wie viel die Witwe oder der Witwer aus dem Nachlass erhält.

Lesen hierzu: Gesetzliche Erbfolge bei Ehegatten

9. Ihr Fachanwalt für Erbrecht in München beantwortet Ihre Fragen zur gesetzlichen Erbfolge

Ob die gesetzliche Erbfolge für einen Erblasser sinnvoll ist, kommt immer auf den Einzelfall an. In den meisten Fällen sprich jedoch viel für die Errichtung einer letztwilligen Verfügung des Todes wegen – sei es, um Streit innerhalb der Erbengemeinschaft zu vermeiden, den Ehegatten finanziell abzusichern oder neben Erben auch Vermächtnisnehmer zu bestimmen bzw. die Erbteile frei festzulegen.

 

Als Experten für Testamentsgestaltung und Fachanwälte für Erbrecht in München nehmen wir Ihre persönliche Situation gern unter die Lupe und bespreche gemeinsam mit Ihnen Ihre individuelle Nachlassplanung, bei der auch die Pflichtteile dringend berücksichtigt werden müssen. Nehmen Sie jetzt Kontakt mit unserer Kanzlei auf und vereinbaren einen Termin bei uns.

Jetzt Kontakt aufnehmen!