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Handschriftliches Testament – Errichtung, Gültigkeit und Widerruf

Jeder Bürger hat das Recht, über sein Vermögen frei zu verfügen und seinen Nachlass nach seinen eigenen Vorlieben und Vorstellungen zu regeln. Am häufigsten geschieht dies über ein handschriftliches Testament, mit dem der Erblasser selbst bestimmen kann, wer nach seinem Tod welche Teile seines Nachlasses erben soll. Alternativ kann ein Erblasser einen Erbvertrag errichten.

Das Recht zur individuellen Regelung des eigenen Nachlasses nennt man Testierfreiheit. Diese Freiheit sollte jeder nutzen, der erkennt, dass die gesetzliche Erbfolge nicht seinem Willen entspricht.

In diesem Beitrag erläutern wir unter anderem, was Sie bei der Errichtung eines handschriftlichen Testaments beachten müssen, welchen Formvorschriften es entsprechen muss und wie Sie die Hinterlegung eines handschriftlichen Testaments regeln sollten.

Das Wichtigste zum Testament in 30 Sekunden

  • Jeder Erblasser kann ein handschriftliches Testament errichten, wenn er die Voraussetzungen der Testierfähigkeit erfüllt.
  • Ein handschriftliches Testament muss bestimmen Formvorschriften genügen, um gültig zu sein.
  • Ein eigenhändiges Testament kann jederzeit widerrufen oder geändert werden.
  • Um sicherzustellen, dass ein handschriftliches Testament nach dem Tod gefunden wird, sollte es bei der Hinterlegungsstelle des örtlichen Nachlassgerichts hinterlegt werden.
  • Ein Fachanwalt für Erbrecht kann Ihnen bei der Errichtung eines handschriftlichen Testaments behilflich sein und dafür sorgen, dass es unmissverständlich formuliert und vor einer Anfechtung sicher ist. 

1. Das handschriftliche Testament in 3 Schritten

Im folgenden Video erklärt Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht und Experte für Testamentsgestaltung in München, wie Sie von der Klärung Ihrer familiären Situation über die Nachlassverteilung bis hin zur Hinterlegung des Testaments am besten vorgehen.

2. Darf jeder ein handschriftliches Testament schreiben?

Errichten kann ein handschriftliches Testament jeder, der testierfähig ist. Testierfähig ist, wer

  • geschäftsfähig ist und das handschriftliche Testament höchstpersönlich errichten kann und
  • nicht durch eine Erkrankung oder einen Unfall daran gehindert wird, seine eigenen Handlungen und Erklärungen zu verstehen.

Minderjährige können bereits ab 16 Jahren ein handschriftliches Testament errichten, müssen dazu gemäß § 2229 Abs. 1 BGB aber einen Notar aufsuchen. Die Zustimmung der Eltern zur Errichtung eines notariellen Testaments ist nicht erforderlich.

Jugendliche unter 16 Jahren sind grundsätzlich nicht testierfähig.

Ausführliche Informationen zur Testierfähigkeit

3. Formvorschriften: Wann ist ein handschriftliches Testament gültig?

Ein eigenhändiges Testament ist auch ohne notarielle Beurkundung wirksam, muss aber trotzdem gemäß den §§ 2247 und 2267 BGB bestimmten Formvorschriften entsprechen:

  • Der Erblasser muss das Testament handschriftlich und eigenhändig verfassen. Beim Ehegattentestament reicht es, wenn einer der Ehegatten die handschriftliche Niederschrift vornimmt. Es ist wichtig, auf Leserlichkeit zu achten, da das Testament sonst unwirksam sein könnte.
  • Der Erblasser muss das Testament eigenhändig mit seiner vollständigen Unterschrift (Vor- und Nachname) versehen. Beim Ehegattentestament müssen beide Eheleute unterzeichnen.
  • Auch das Datum und der Ort der Niederschrift des Testaments sollte angegeben sein. Dies soll die Wirksamkeitsprüfung des Testaments erleichtern. Allerdings ist ein eigenhändiges Testament nicht in jedem Fall unwirksam, wenn diese Angaben fehlen.
  • Sollte der Erblasser nachträgliche Änderungen am Testament vornehmen, sind diese als solche kenntlich zu machen und erneut mit Datum und voller Unterschrift zu versehen.

 

4. Wann ist ein handschriftliches Testament ungültig?

Ein handschriftliches Testament kann dann ungültig sein, wenn es nicht den vorgeschriebenen Formvorschriften entspricht. Außerdem sind Testamente bei fehlender Testierfähigkeit unwirksam. Grundsätzlich geht der Gesetzgeber davon aus, dass im Regelfall Testierfähigkeit vorliegt und lediglich dann fehlt, wenn der Erblasser zu Lebzeiten an einer krankhaften Störung des Geisteszustandes, einer Geistesschwäche oder einer Bewusstseinsstörung gelitten hat.

Beruft sich z.B. ein (übergangener) gesetzlicher Erbe auf Testierunfähigkeit des Erblassers, so hat das Nachlassgericht im Rahmen des Erbscheinverfahrens zu dieser Frage Beweis zu erheben. Die Beweislast trägt derjenige, der sich auf Testierunfähigkeit beruft. Liegt ein medizinischer Grenzfall vor, ist es immer sinnvoll, sich kurz vor der Testamentserrichtung fachärztlich untersuchen zu lassen. Auf diese Weise kann vermieden werden, dass ein Testament angefochten wird.

5. Welchen Inhalt kann ein handschriftliches Testament haben?

Jedes Testament sollte gut durchdacht und an die persönliche Situation des Erblassers angepasst sein. Doch was genau sollte ein Testament beinhalten?

  • Zunächst sollte natürlich jedes Testament die Erbeinsetzung regeln. Es bleibt dem Erblasser überlassen, ob er im Testament über seinen ganzen Nachlass oder nur Teile davon verfügt. Wichtig ist, dass der oder die Erben klar benannt werden und dass aus dem Testament deutlich hervorgeht, wer welche Teile des Nachlasses erhalten soll. Zu bedenken gilt, dass bei der Einsetzung mehrerer Erben statt eines Alleinerben eine Erbengemeinschaft entsteht, in der es schnell zu Erbstreitigkeiten kommen kann. Der Erblasser kann in seinem Testament auch ausdrücklich bestimmte Personen enterben. Gehören diese Personen zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten, erhalten sie aber trotz Enterbung ihren Pflichtteil, der der Hälfte des gesetzlichen Erbteils entspricht.
  • Ergänzend zum Erben kann der Erblasser Vermächtnisnehmer bestimmen, denen er einzelne Gegenstände, Geldbeträge oder auch Immobilien zuwenden möchte. Vermächtnisnehmer treten anders als Erben nicht in die Rechtsnachfolge des Erblassers ein.
  • Wenn der Erblasser mit Streitigkeiten unter den Erben rechnet, kann die Anordnung einer Testamentsvollstreckung sinnvoll sein.

Testamentsvollstrecker - Aufgaben & Pflichten

Expertentipp von Manfred Hacker zum handschriftlichen Testament

Bei der Errichtung eines handschriftlichen Testaments nicht zu vernachlässigen ist die Einsetzung eines sogenannten Ersatzerben gemäß § 2096 BGB für den Fall, dass der eigentlich eingesetzte Erbe vor dem Erblasser verstirbt oder nach dem Erbfall die Erbschaft ausschlägt mit der Folge, dass der Ausschlagende gemäß § 1953 Abs. 1 BGB für die Erbfolge nicht mehr berücksichtigt wird.

Ohne ausdrückliche testamentarische Regelung muss durch Auslegung des Testamentes ermittelt werden, wen der Erblasser als Ersatzerben bestimmen hätte oder ob er überhaupt einen Ersatzerben bestimmen wollte.

Informationen zur Ersatzerbenregelung

6. Wie kann ein handschriftliches Testament geändert werden?

Ein einmal aufgesetzter letzter Wille kann sich jederzeit ändern. Sei es, weil es zu Streitigkeiten in der Familie kommt oder sich die Lebensumstände ändern. Jeder Erblasser hat das Recht, ein handschriftliches Testament nach den eigenen Wünschen abzuändern.

Dazu ist es nicht nötig, das gesamte Testament neu zu schreiben. Die Änderungen können einfach handschriftlich im bestehenden Testament ergänzt und mit Ort und Datum sowie vollem Namen versehen werden. Allerdings können Korrekturen, Streichungen und neue Anmerkungen dazu führen, dass das Testament unübersichtlich wird.

Daher ist ein Ergänzungstestament ratsam, in dem Sie sich klar auf die Regelungen im bisherigen Testament beziehen. Ein Fachanwalt für Erbrecht kann Ihnen dabei behilflich sein und verhindern, dass durch undeutliche Formulierungen Zweifel am Inhalt des Testaments aufkommen.

7. Wie kann ein handschriftliches Testament widerrufen werden?

Ein sogenanntes Einzeltestament kann vom Testierenden gemäß § 2253 BGB jederzeit vollständig oder auch nur in Teilen widerrufen werden. Der testierende Erblasser ist also an sein Einzeltestament nicht gebunden. Der Widerruf eines Einzeltestamentes kann durch Vernichtung oder Zerreißen (§ 2255 BGB) oder durch Errichtung eines neuen Testamentes (§ 2258 BGB) erfolgen. Einzeltestamente werden typischerweise von ledigen, geschiedenen oder verwitweten Personen errichtet.

Testament-Ratgeber für Alleinstehende & Singles

8. Handschriftliches Berliner Testament und Ehegattentestament

Ein gemeinschaftliches Ehegattentestament können nur Ehepartner (§ 2265 BGB) und eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften errichten. Paare ohne Trauschein können nur in Form von zwei Einzeltestamenten oder durch einen notariellen Erbvertrag testieren. Die Besonderheit eines Ehegattentestamentes ist, dass es für beide Partner bindend ist (§ 2271 BGB).

Das bedeutet, dass auch Änderungen oder gar ein Widerruf eines Ehegattentestaments oder Berliner Testaments nur gemeinschaftlich von beiden Ehepartnern vorgenommen werden können.

Bei der handschriftlichen Errichtung eines Ehegattentestaments ist es ausreichend, wenn einer der beiden Partner das Testament handschriftlich errichtet. Unterschreiben müssen allerdings beide.

Ausführliche Informationen zum Berliner Testament & Ehegattentestament

9. Anfechtung eines handschriftlichen Testaments

Haben die Erben berechtigte Zweifel an der Echtheit eines handschriftlichen Testaments oder zweifeln die Testierfähigkeit des Erblassers an, kann es zur Anfechtung des Testaments kommen.

Wird ein Testament angefochten, holt das Gericht ein psychiatrisches und / oder neurologisches Gutachten ein und befragt Zeugen, die über den geistigen Zustand des Verstorbenen berichten können. Hierbei entsteht immer wieder die Frage, ob der behandelnde Arzt von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbunden ist. Es ist unstreitig, dass der Erblasser diese Entbindung selbst vornehmen kann. Deshalb ist zu empfehlen, in der Verfügung von Todes wegen eine solche Schweigepflichtentbindungserklärung aufzunehmen.

Expertentipp 

Um als Erblasser die Anfechtung eines Testaments wirksam zu verhindern, sollten Sie ihr Testament gemeinsam mit einem Experten aufsetzen. So können sie doppeldeutige Formulieren und Ungenauigkeiten vermeiden. Außerdem kann Ihnen ein Fachanwalt für Erbrecht dabei helfen, beim Testieren die Pflichtteilsansprüche pflichtteilsberechtigter Erben zu berücksichtigen und Ihnen bei Fragen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Unter Umständen kann auch die Bestimmung eines Testamentsvollstreckers sinnvoll sein.

Weitere FAQs zum Thema:

Wo kann man ein handschriftliches Testament hinterlegen bzw. aufbewahren?

Wer ein handschriftliches Testament errichtet hat, kann grundsätzlich frei darüber entscheiden, wo er seinen letzten Willen aufbewahrt. Die Praxis zeigt aber, dass handschriftliche Testamente bei Eintritt des Erbfalls manchmal nicht mehr aufgefunden werden, da entweder der Testierende diese letztwillige Verfügung zu Hause nicht sorgfältig verwahrt hat oder dritte Personen das Testament gefunden und vernichtet haben.

Damit sichergestellt ist, dass ein eigenhändiges Testament nach Eintritt des Erbfalls gefunden und für die Erbfolge berücksichtigt werden kann, sollte eine testierende Person das Testament bei der Hinterlegungsstelle des örtlichen Nachlassgerichts zur Verwahrung abgeben. Damit ist gewährleistet, dass das Testament nach Eintritt des Erbfalls von Amts wegen eröffnet wird. Die Kosten für die amtliche Verwahrung sind relativ gering.

Ein notarielles Testament wird demgegenüber vom Notar immer an das Nachlassgericht zur amtlichen Verwahrung weitergeleitet und der Erblasser bekommt eine beglaubigte Abschrift der letztwilligen Verfügung ausgehändigt.

Achtung: Nicht selten werden Testamente in einem Banksafe des Testierenden aufbewahrt. Dies ist absolut nicht empfehlenswert, da der Erbe für die Öffnung des Banksafes gegenüber der Bank bzw. Sparkasse sein Erbrecht in Form eines Erbscheins nachweisen muss und die Erteilung des Erbscheins die Vorlage des Originaltestaments erfordert. Auch die Verwahrung in einem privaten Banksafe im Haus des Erblassers ist problematisch, da die Safeschlüssel häufig nicht auffindbar sind.

Die Aufbewahrung eines Testaments beim Nachlassgericht hat noch den weiteren Vorteil, dass seit dem 01.01.2012 die gerichtliche Hinterlegung eines Testamentes beim Zentralen Testamentsregister registriert wird. Hierdurch soll das Auffinden eines Testamentes gesichert werden, damit das Nachlassgericht im Sterbefall schnell und vor allem richtig entscheiden kann. Weitere Informationen hierzu finden sich unter www.testamentsregister.de.

Unterstützung bei der Errichtung eines handschriftlichen Testaments

Für die Vererbung des eigenen Nachlasses gibt es keine Patentlösung. Jede Familienkonstellation ist einzigartig. Damit dem Willen eines jeden Erblassers genau entsprochen werden kann und einem Erbstreit vorgebeugt wird, braucht es daher individuelle Testamente, die genau an die jeweiligen Lebensumstände angepasst werden.

Wenn Sie ein Testament errichten möchten, sind wir die richtigen Ansprechpartner für Sie. Als Experten für Testamentsgestaltung und Fachanwälte für Erbrecht in München finden wir gemeinsam mit Ihnen die für Sie beste Nachlassregelung und helfen Ihnen, Ihre Wünsche in einem wasserdichten Testament festzuhalten. Nehmen Sie jetzt Kontakt zu uns auf und vereinbaren einen Termin, bei dem wir alles Weitere besprechen können.

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