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Der Verzicht im Erbrecht

Erbverzicht, Pflichtteilsverzicht, Zuwendungsverzicht

Bei der Gestaltung letztwilliger Verfügungen und der vorweggenommenen Erbfolge haben erbrechtliche Verzichtsverträge eine große praktische Bedeutung. Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München, erläutert, dass diese Institute in der Praxis oft nicht hinreichend präzise voneinander abgegrenzt werden und welche Rechtswirkungen hierdurch eintreten.

Der Erbverzicht

Mit einem Erbverzicht wird das zukünftige gesetzliche Erbrecht eines Verwandten oder des Ehegatten des Erblassers geregelt. Gem. § 2348 BGB bedarf der Erbverzicht zu seiner Wirksamkeit der notariellen Beurkundung. Ein wirksamer Erbverzicht führt gem. § 2346 BGB dazu, dass der Verzichtende so behandelt wird, als sei er als gesetzlicher Erbe bei Eintritt des Erbfalls nicht mehr existent. Der Erbverzicht erstreckt sich auch auf die  – vorhandenen oder künftigen – Abkömmlinge des Verzichtenden und führt weiter zum Verlust des Pflichtteilsrechts. Trotz Vereinbarung eines Erbverzichts kann der Erblasser immer noch durch Testament oder Erbvertrag letztwillig verfügen.

Der Pflichtteilsverzicht

Vom Erbverzicht zu unterscheiden ist der sogenannte Pflichtteilsverzicht. Dieser führt zum Erlöschen sämtlicher Pflichtteilsrechte, lässt jedoch das gesetzliche Erbrecht unberührt. Analog § 2348 BGB bedarf der Pflichtteilsverzicht (und auch dessen Aufhebung) der notariellen Beurkundung. Anders als beim Erbverzicht kann der Pflichtteilsverzicht gegenständlich beschränkt werden: So kann etwa vereinbart werden, dass ein bestimmter Gegenstand bei der Pflichtteilsberechnung oder eine Schenkung bei der Ermittlung des Pflichtteilsanspruchs nicht zu berücksichtigen ist.

Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München, weist daraufhin, dass ein Pflichtteilsverzicht eines Pflichtteilsberechtigten nicht dazu führt, dass sich die Pflichtteilsquote anderer Pflichtteilsberechtigter erhöht. Hier ist also die Rechtslage anders, wie beim Erbverzicht: Gem. § 2310 Satz 2 BGB wird derjenige, der auf sein Erbrecht verzichtet, bei der Ermittlung der Pflichtteilsquoten anderer Pflichtteilsberechtigter nicht mitgezählt.

Beispiel: Erklärt Sohn A einen Erbverzicht, wird er nach dem Erbfall so behandelt, als ob er erbrechtlich nicht existent wäre. Tochter B steht deshalb eine höhere Pflichtteilsquote zu. Hätte hingegen Sohn A nur einen Pflichtteilsverzicht erklärt, so verändert sich die Quote von Tochter B nicht.

Der Zuwendungsverzicht

Gemeinschaftliche Ehegattentestamente und Erbverträge entfalten in der Regel eine sogenannte Bindungswirkung: Der längerlebende Ehegatte bzw. Partner des Erbvertrages ist dann an den Inhalt des Ehegattentestamentes bzw. des Erbvertrages gebunden. Dies kann z.B. dazu führen, dass der längerlebende Ehegatte die Einsetzung der gemeinsamen Kinder als Schlusserben nicht mehr widerrufen kann. In der Praxis gibt es immer wieder Fälle, in denen die Beteiligten (z.B. der längerlebende Ehegatte und die Kinder) eine derartige testamentarische Zuwendung (also z.B. die Schlusserbeneinsetzung der Kinder) abändern oder aufheben möchten. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Witwe bzw. der Witwer im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge andere Vermögensdispositionen treffen will, als dies noch zu Lebzeiten beider Ehegatten bei Errichtung des Testamentes geplant war.

In diesen Fällen kann der längerlebende Ehegatte mit dem oder den Schlusserben einen sogenannten Zuwendungsverzicht i.S.d. § 2352 BGB vereinbaren. Inhalt dieser Regelung kann z.B. ein Verzicht des Kindes auf die Einsetzung als Schlusserbe gegen Zahlung einer Abfindung sein. Der Zuwendungsverzicht bedarf der notariellen Form und erstreckt sich auch auf die Abkömmlinge des Verzichtenden.

Expertentipp:

Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München, weiß aus Erfahrung, dass erbrechtliche Verzichtsverträge in der Praxis häufig nur gegen Zahlung einer Abfindung zu Gunsten des Verzichtenden vereinbart werden. Diese Abfindung unterliegt der Schenkungssteuer.



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