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Gestaltungsratschläge zum Ehegattentestament

Das Berliner Testament - Expertentipps zur Fehlervermeidung (Teil 2)

Das sogenannte Berliner Testament erfreut sich bei Ehepaaren mit Kindern großer Beliebtheit. Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München weiß, dass gerade juristische Laien sich über die besonderen Wirkungen eines Berliner Testamentes nicht bewusst sind und viele wichtige Klauseln gar nicht kennen. Der Erbrechtsexperte erklärt deshalb in diesem Beitrag folgende Fragen:

  • Kann der überlebende Ehegatte bei einem Berliner Testament zwischen dem ersten und zweiten Erbfall noch ein – abweichendes – Einzeltestament errichten?
  • Wie kann bei einem Berliner Testament die Anfechtung durch dritte Personen ausgeschlossen werden?

Bindungswirkung oder Abänderungsvorbehalt?

Vielen testierenden Ehegatten ist nicht bewusst, dass ein Berliner Testament unter Umständen zwischen dem ersten und zweiten Erbfall vom Witwer bzw. der Witwe nicht mehr abgeändert oder aufgehoben werden kann. Der Gesetzgeber vermutet nämlich gem. § 2270 BGB, dass die wechselseitige Alleinerbeneinsetzung der Ehegatten im ersten Erbfall einen rechtlichen Bezug für den zweiten Erbfall hat. Der Gesetzgeber spricht hier von sogenannten wechselbezüglichen Verfügungen, von denen anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten (z.B. die Erbeinsetzung des längerlebenden Ehepartners) nicht ohne die Verfügung des anderen (z.B. die Schlusserbeneinsetzung der Kinder) getroffen sein würde. Haben die Eheleute in einem Testament derartige „wechselbezügliche“ Verfügungen getroffen, so ist der längerlebende Ehegatte gem. § 2271 BGB an die Schlusserbeneinsetzung der Kinder gebunden, kann diese also nicht mehr durch ein späteres Einzeltestament widerrufen oder abändern.

Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München, weiß aus seiner Beratungspraxis, dass diese Bindungswirkung eines Berliner Testamentes nur den wenigsten Eheleuten bei der Errichtung ihrer letztwilligen Verfügung bewusst ist. Er empfiehlt, die Frage der Wechselbezüglichkeit und damit der Bindungswirkung beim Beratungsgespräch ausführlich zu erörtern und im Ehegattentestament präzise niederzulegen. Nur so kann verhindert werden, dass später Streit unter den Angehörigen entsteht.

Testamentarischer Abänderungsvorbehalt

Eheleute, die bei der Errichtung eines Berliner Testamentes zwischen dem ersten und dem zweiten Erbfall an den ursprünglich gemeinsamen letzten Willen nicht gebunden sein wollen, können einen sogenannten Abänderungsvorbehalt in ihr Ehegattentestament aufnehmen. Hierfür stehen zahlreiche Gestaltungsalternativen zur Verfügung, die in ihren rechtlichen Konsequenzen ganz unterschiedlich sind und deshalb dringend einer ausführlichen Erörterung mit einem erfahrenen Fachanwalt für Erbrecht bedürfen.

Ein – einfach formulierter – Abänderungsvorbehalt könnte etwa lauten:

„Wir, die Eheleute … bestimmen, dass sämtliche Verfügungen in diesem Testament nicht wechselbezüglich sind, mit der Folge, dass der längerlebende Ehegatte die Schlusserbeneinsetzung unserer Kinder ganz oder teilweise aufheben und abändern kann.“

Expertentipp:

Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München, empfiehlt testierenden Ehegatten dringend, dass die Frage, ob ein Abänderungsvorbehalt und wenn ja, in welcher Gestaltungsvariante in das Testament aufgenommen wird, einer eingehenden vorherigen Beratung bedarf. Ansonsten kann das „Gesamtgefüge“ eines Berliner Testamentes ins Wanken geraten.

Rückabwicklung von Schenkungen nach dem Erbfall

Zu beachten ist, dass sich die Bindungswirkung eines Berliner Testamentes über die Erbfolge hinaus sich auch auf lebzeitige Schenkungen des Witwers oder der Witwe auswirken kann. § 2287 BGB bestimmt nämlich, dass Zuwendungen des längerlebenden Ehegatten nur an eines der Kinder oder an familienfremde Personen bei Eintritt des zweiten Erbfalls dann rückabzuwickeln sind, wenn es keinen vernünftigen Grund – die Rechtsprechung spricht von einem sogenannten „lebzeitigen Eigeninteresse“ – gibt. Den meisten Eheleuten ist aber nicht bekannt, dass eine derartige Rückabwicklung von Zuwendungen auch dann droht, wenn der Schenkungsgegenstand nicht aus dem Nachlass des erstversterbenden Ehegatten, sondern aus dem Eigenvermögen des Witwers oder der Witwe stammt.

Ausschluss der Testamentsanfechtung

Den wenigsten Ehegatten, die ein Testament errichten, ist bekannt, dass ihr letzter Wille in speziellen Konstellationen von dritter Seite angefochten werden kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn nach dem Erbfall bekannt wird, dass der Verstorbene ein nichteheliches Kind hinterlassen hat. Allgemein bekannt ist wohl, dass diesen nichtehelichen Kindern beim Tod des leiblichen Vaters oder der leiblichen Mutter ein Pflichtteilsanspruch, also ein Anspruch auf Geldzahlung gegenüber den Erben zusteht. Dem Laien in der Regel völlig unbekannt ist aber, dass dieses nichteheliche Kind gem. § 2079 BGB das Ehegattentestament durch Anfechtung beseitigen kann, mit der Folge, dass die gesetzliche Erbfolge greift bei der auch das nichteheliche Kind zum Kreis der Miterben gehört.

Ein Anfechtungsrecht kann sich auch ergeben, wenn der längerlebende Ehegatte erneut heiratet. Der zweite Ehegatte gehört nämlich zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen und kann deshalb gem. § 2079 BGB die Anfechtung des früheren Ehegattentestamentes erklären.

Diese Anfechtungsmöglichkeiten gefährden den Bestand des Ehegattentestamentes und tragen erhebliches Streitpotential in sich.

Expertentipp:

Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München, empfiehlt einen – ganz legalen – Ausweg: Testierende Eheleute können nämlich das Anfechtungsrecht gem. § 2079 BGB ausschließen. Es reicht hierzu folgende Klausel in das Testament aufzunehmen:

„Eine Anfechtung gemäß § 2079 BGB wird hiermit ausgeschlossen.“



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