nach oben
Fachanwalt – Spezialist - Experte – Interessenschwerpunkt –Tätigkeitsschwerpunkt

STIFTUNG WARENTEST: Anwaltssuche - Der beste Weg zum Anwalt

Viele Rechtsfragen lassen sich ohne Beratung durch einen Anwalt nicht lösen. Die Suche nach einem qualifizierten Rechtsanwalt, der Ihre erbrechtlichen Interessen erfolgreich wahrnimmt, ist keine leichte, aber ‑ bei guter Recherche ‑ durchaus lösbare Aufgabe.

Zunächst ist die Verwirrung groß: Benötigen Sie nun für Ihr Anliegen einen „Fachanwalt für Erbrecht“ oder besser einen „Erbrechtsexperten“. Und was zeichnet eigentlich einen „Spezialisten für Erbrecht“ aus? Doch damit nicht genug: Standesrechtlich zulässig kann ein Anwalt auch sogenannte „Interessen- und Tätigkeitsschwerpunkt“ angeben. Wie unterscheiden sich also diese verschiedenen Bezeichnungen eines Rechtsanwalts?

Empfehlungen von STIFTUNG WARENTEST zur Anwaltssuche

STIFTUNG WARENTEST hat in seinem Wirtschaftsmagazin FINANZTEST (Heft 03/2013) analysiert, welche Qualifikationen einen ordentlichen Anwalt auszeichnen. Untersucht wurde auch, wie gut Anwaltsportale im Internet für die Suche taugen, ob Sie sich auf Anwaltsbewertungen verlassen können und ob es für Rechtsschutzversicherte sinnvoll ist, sich einen Anwalt von der Versicherung empfehlen zu lassen.

Fachanwalt für Erbrecht

Der Titel „Fachanwalt für Erbrecht“ ist durch § 14 Fachanwaltsordnung (FAO) standesrechtlich geschützt und wurde von der Bundesrechtsanwaltskammer erst im Jahr 2005 eingeführt. Fachanwälte für Erbrecht müssen einen Lehrgang mit 120 Zeitstunden absolviert haben und drei Klausuren mit einer Gesamtdauer von mindestens 15 Stunden erfolgreich bestehen. Der Titel wird von der Rechtsanwaltskammer nur verliehen, wenn der Anwärter zuvor 80 Fälle aus dem Gebiet Erbrecht bearbeitet hat.

Am 1. Januar 2017 gehörten 21.413 Anwältinnen und Anwälte der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesbezirk München an. Davon durften nur 219 Mitglieder den Titel "Fachanwalt für Erbrecht" führen. Dies entspricht 1,02% der Anwaltschaft im Bezirk des OLG München. Die Wahrscheinlichkeit, auf einen Berater zu treffen, der kein Fachanwalt für Erbrecht ist, liegt also bei knapp 99%.

Tipp zur Anwaltssuche: Klären Sie, ob und vor allem wann der Anwalt den Titel „Fachanwalt für Erbrecht“ erworben hat. Eine langjährige Tätigkeit als Fachanwalt für Erbrecht ist der Garant für Kompetenz und Erfahrung.

Spezialist für Erbrecht

Ob ein Anwalt die Bezeichnung „Spezialist für Erbrecht“ führen darf, ist in den standesrechtlichen Bestimmungen nicht explizit geregelt.

STIFTUNG WARENTEST weist auf Folgendes hin: „Rechtsanwälte, die sich etwa auf ihrer Internetseite oder Visitenkarte als „Spezialisten“ bezeichnen, gibt es nicht viele. Denn die Anforderungen sind streng. So darf sich als Spezialist nur bezeichnen, wer erheblich mehr Erfahrung als ein Fachanwalt hat. Der „Spezialist für Verkehrsrecht“ muss also nicht nur Jahre, sondern eher Jahrzehnte Verkehrsteilnehmer beraten haben.“

Der Bundesgerichtshof hat in seinem aktuellen Urteil vom 05.12.2016 entschieden, „dass die Bezeichnung "Spezialist" nach § 7 Abs. 1 S. 2 BORA nur dann zulässig ist, wenn der Rechtsanwalt auf dem Fachgebiet über besondere Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt. Diese Kenntnisse müssen nachweisbar vorhanden sein. Wer sich in einem Rechtsgebiet sowohl als Fachanwalt als auch als Spezialist bezeichnet, berühmt sich besonderer, diejenigen eines Fachanwalts nicht nur unerheblich übersteigender Kenntnisse und Erfahrungen auf dem gesamten Gebiet.“ Standesrechtlich zulässig ist es also, wenn sich ein Fachanwalt für Erbrecht zusätzlich für ein Teilgebiet der Fachanwaltschaft z.B. als „Spezialist für Erbschaftsteuer“ benennt, wenn er über eine entsprechende Spezialisierung verfügt.

Experte für Erbrecht

Das Landgericht Freiburg (Urteil vom 20. 5. 2009, Az. 12 O 16/08) hat entschieden, "dass ein Rechtsanwalt, der als Experte auftritt, nicht nur die an einen Spezialisten zu stellenden Anforderungen erfüllen, sondern in der Lage sein muss, sehr schwierige und komplexe Rechtsfälle zu lösen.“

Tipp zur Anwaltssuche: Seien Sie kritisch, wenn Sie im Internet von „Spezialisten oder Experten für Erbrecht“ lesen und recherchieren Sie deshalb auf der Internetseite des Anwalts, ob dieser seine „Besonderen Kenntnisse und Erfahrungen“ anhand folgender Kriterien belegen kann:

  • Zulassung und langjährige Tätigkeit als „Fachanwalt für Erbrecht“
  • Zertifizierung und langjährige Tätigkeit als „Testamentsvollstrecker“
  • Publikationen in Form von Fachbüchern und Fachaufsätzen zu speziellen erbrechtlichen Themen.
  • Vorträge vor Fachpublikum, also Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern.

Interessenschwerpunkt Erbrecht - Tätigkeitsschwerpunkt Erbrecht

Anwälte nennen in Anwaltsportalen, auf ihren Internetseiten und Kanzleibriefbögen oft sogenannte „Interessens- und Tätigkeitsschwerpunkte“. Diese Bezeichnungen beruhen allerdings auf einer Selbst­einschätzung des Anwalts.

Dazu meint STIFTUNG WARENTEST: Anders als beim Fachanwaltstitel wird der Schwerpunkt von keiner Stelle verliehen oder geprüft. Das bedeutet: Wer die Wahl zwischen einem Anwalt mit Tätigkeitsschwerpunkt Arbeitsrecht und einem Fachanwalt für Arbeitsrecht hat, verlässt sich im Zweifel besser auf den Fachanwalt.“

Anwaltslisten von FOCUS und WIRTSCHAFTSWOCHE

Das Magazin FOCUS listet nahezu jährlich in Sonderheften die "Top-Erbrechts-Anwälte in ganz Deutschland". Ausgezeichnet werden dabei die hohe Fachkompetenz und Expertise im Erbrecht. Auch das Magazin WIRTSCHAFTSWOCHE (Heft 51/2009) hat die  „25 Top-Kanzleien für Erbrecht bundesweit" ausgezeichnet. Diese Anwaltslisten können Ihnen eine weitere Entscheidungshilfe bei der Wahl "Ihres Anwalts für Erbrecht" geben.

Suche über Anwaltsportale

Wer einen Fachanwalt für Erbrecht in seiner Nähe sucht, kann dies gut über Internet-Suchportale tun. STIFTUNG WARENTEST hat verschiedene Anwaltsportale aufgelistet: https://www.test.de/Anwaltssuche-Der-beste-Weg-zum-Anwalt-4502589-4502598/

Aber Vorsicht: Der erste Anwalt in der Suchliste muss nicht der beste sein, da bei einigen Datenbanken diejenigen Anwälte, die für einen „Premium“-Eintrag bezahlt haben, vor Anwälten mit kostenlosem Basiseintrag gelistet werden. Sachlich und neutral ist das Internetsuchportal des Deutschen Anwaltvereins: https://anwaltauskunft.de/anwaltssuche/erweitert/

Vorsicht mit Anwaltsbewertungen

Bei der Anwaltssuche über Google oder Anwaltsportale finden sich teilweise Anwaltsbewertungen in Form von Kommentaren oder der Vergabe von Sternen.

STIFTUNG WARENTEST meint dazu: „Doch Nutzer sollten bei der Anwaltssuche nicht allzu viel auf die Anwaltsbewertungen geben. Die Betreiber von Anwalt.de legen die Bewertung durch einen Mandaten immer erst dem betroffenen Rechts­anwalt vor. Dieser entscheidet dann, ob sie veröffent­licht wird. Daher gibt es dort auch kaum negative Kommentare. In Berlin und München findet man keinen Rechts­anwalt mit weniger als 4 von 5 möglichen Punkten.“

Checkliste: Vorbereitung für Ihren ersten Anwaltstermin

Nachdem Sie den für Sie „besten“ Anwalt gefunden haben, sollten Sie den ersten Besprechungstermin gut vorbereiten. STIFTUNG WARENTEST hat dazu folgende Checkliste erstellt:

  • Termin. Rufen Sie in der Kanzlei an und drängen Sie auf einen schnellen Termin, wenn eine von einem Gläubiger oder einer Behörde gesetzte Frist abzu­laufen droht. Eile ist auch geboten, wenn Sie einen Mahnbescheid oder eine Kündigung vom Arbeit­geber erhalten haben. Sagen Sie es, wenn ein bestimmter Anwalt Sie beraten soll.
  • Kosten. Fragen Sie am Telefon, ob und wie das erste Beratungsgespräch abge­rechnet wird. Manche Kanzleien nehmen eine Pauschale, andere Stundenhonorare.
  • Unterlagen. Nehmen Sie alle Unterlagen mit, die Ihr Problem betreffen: etwa Briefe der Versicherung oder Behörde, mit der Sie streiten. Auch die Briefumschläge können wichtig sein, weil sie mitunter Aufschluss darüber geben, ob Ihr Streitpartner Fristen beachtet hat. Bei einem Streit mit dem Chef oder Vermieter ist der Arbeits- oder Miet­vertrag wichtig.
  • Zeugen. Bringen Sie die Adressen von Zeugen vorher in Erfahrung, wenn deren Aussagen für Ihren Fall bedeutsam sein könnten.
  • Notizen. Schreiben Sie Ihr Problem in Stichworten auf und nehmen Sie den Zettel mit, damit Sie beim Anwalt nichts vergessen.
  • Versicherung. Wenn Sie rechtsschutzversichert sind, holt der Anwalt für Sie die Deckungszusage beim Versicherer ein. Fragen Sie ihn, ob er schon dafür Geld verlangt. Nehmen Sie den Versicherungsschein und die Allgemeinen Bedingungen Ihrer Versicherung mit. Beides haben Sie beim Abschluss der Versicherung erhalten.“

Aber Achtung: Im Bereich des Erbrechts übernimmt die Rechtschutzversicherung in der Regel nur die Kosten für ein sogenanntes Erstberatungsgespräch, d.h. das Honorar für die spätere Beratung müssen Sie aus eigener Tasche bezahlen. Klären Sie also den Umfang Ihres Versicherungsschutzes genau mit Ihrer Versicherung ab, am besten vor dem Gespräch mit dem Anwalt. Die Anwaltsempfehlung Ihres Rechtsschutzversicherers müssen Sie übrigens nicht akzeptieren. Sie dürfen Ihren Anwalt selbst aussuchen.

Tipp: Ein Info-Video des Deutschen Anwaltvereins zur Frage „Was kann ein Anwalt für Sie tun?“ finden Sie hier: https://anwaltauskunft.de/ratgeber/ihre-anwaeltinihr-anwalt/



← zurück