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Gestaltungsratschläge zum Ehegattentestament

Das Berliner Testament - Expertentipps zur Fehlervermeidung (Teil 1)

Ehegatten legen ihren letzten Willen häufig in der Weise nieder, dass für den ersten Erbfall der längerlebende Ehegatte als Alleinerbe eingesetzt wird und für den zweiten Erbfall die gemeinsamen Kinder als Schlusserben bestimmt werden. Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München weiß, dass sich dieses sogenannte Berliner Testament bei Ehepaaren mit Kindern großer Beliebtheit erfreut. Der längerlebende Ehegatte wird umfassend wirtschaftlich abgesichert und die Erbeinsetzung der Kinder zu gleichen Teilen entspricht dem Gerechtigkeitsempfinden vieler Eltern. Die Praxis zeigt aber, dass gerade juristische Laien sich über die besonderen Wirkungen eines Berliner Testamentes nicht bewusst sind und viele wichtige Klauseln gar nicht kennen.

Erbrechtsexperte Klinger erklärt deshalb in diesem Beitrag folgende Fragen:

  • In welcher Form kann ein Berliner Testament errichtet werden?
  • Wie kann ein Berliner Testament formuliert werden?
  • Welche Hinterlegungsmöglichkeiten bestehen für ein Berliner Testament?
  • Wer ist bei einem Berliner Testament Ersatzerbe, falls eines der Kinder vor Eintritt des zweiten Erbfalls stirbt?

Form des Berliner Testamentes

Testamente (also Einzeltestamente oder gemeinschaftliche Testamente von Ehegatten) können entweder eigenhändig oder in notarieller Form errichtet werden. Beide Varianten entfalten die identische Wirkung und unterscheiden sich nur im Hinblick auf den Zeit- und Kostenaufwand. Der klassische Fall der Errichtung eines Berliner Testamentes ist, dass ein Ehegatte den gesamten Text des Testamentes eigenhändig schreibt, diesen Text dann – mit Ort, Datum versehen – unterzeichnet und im Anschluss daran der andere Ehegatte handschriftlich vermerkt: „Dies ist auch mein letzter Wille“ und wiederum mit Ort, Datum, Vor- und Familienname unterzeichnet.

Mustertext für ein Berliner Testament

Ein einfaches Berliner Testament könnte wie folgt lauten:

„Wir, die Ehegatten ………., setzen uns im ersten Erbfall gegenseitig zu Alleinerben ein. Im zweiten Erbfall erben unsere Kinder zu gleichen Teilen.“

Expertentipp:

Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München, weist darauf hin, dass spätere Ergänzungen des Ehegattentestamentes, die jederzeit möglich sind, wiederum von beiden Eheleuten mit Ort, Datum, Vor- und Familienname unterzeichnet werden müssen. Diese Ergänzung kann entweder am Ende des Originals des früheren Ehegattentestamentes oder auf einem gesonderten Schriftstück erfolgen.

Hinterlegung und Registrierung des Berliner Testamentes

Ein eigenhändiges Testament kann in amtliche Verwahrung beim örtlich zuständigen Nachlassgericht gegeben werden. In diesem Fall wird das eigenhändige Berliner Testament von Amts wegen beim Zentralen Testamentsregister registriert.

Expertentipp:

Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München, meint, dass eine Hinterlegung beim Nachlassgericht und eine Registrierung im Zentralen Testamentsregister sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich ist: Die Familienangehörigen, insbesondere der längerlebende Ehegatte hat nämlich ein nachvollziehbares Interesse daran, dass das Originaltestament bei Eintritt des ersten Erbfalls dem Nachlassgericht übergeben wird. Die Gefahr, dass ein Testament von „interessierter Seite“ beseitigt und so der Prüfung des Nachlassgerichts entzogen wird, stellt sich in der Praxis eher, wenn alleinstehende Personen Einzeltestamente zu Gunsten von familienfremden Personen oder caritativen Organisationen errichten. Hier beseht das reale Risiko, dass aus dem Kreis der weiteren Verwandten ein Testament in der Wohnung oder dem Haus des Erblassers gesucht und beseitigt wird, mit der Folge, dass dann letztlich wieder die gesetzliche Erbfolge gilt.

Bestimmung eines Ersatzerben für den zweiten Erbfall

Eltern, die für den Fall des eigenen Ablebens Vorsorge durch ein Testament treffen wollen, bedenken oft nicht, dass eines der Kinder im zweiten Erbfall bereits verstorben (z.B. anlässlich eines Unfalls) sein könnte. Im gemeinschaftlichen Testament sollte deshalb geklärt werden, wer Erbe mit welcher Erbquote wird, wenn allein einer der Schlusserben vorverstorben oder – aus persönlichen oder finanziellen Gründen – die Schlusserbschaft ausgeschlagen hat.

Eine derartige Ersatzerbenklausel könnte wie folgt lauten:

„Ersatzerben sind die Abkömmlinge unserer Kinder nach den Regelungen der gesetzlichen Erbfolge. Wiederum ersatzweise soll – zunächst innerhalb eines Stammes – Anwachsung eintreten.“

 „Anwachsung“ bedeutet dabei, dass der Erbteil des weggefallenen Erben den übrigen Schlusserben nach dem Verhältnis ihrer Erbteile zufällt. Dies erläutert Erbrechtsexperte Klinger an folgendem Beispiel: Schlusserben sind die vier Kinder A, B, C und D der Eheleute untereinander zu gleichen Erbteilen. Sollte Kind A bei einem Verkehrsunfall verstorben und zwei Kinder E und F hinterlassen haben, so wird eine Erbengemeinschaft entstehen aus den Kindern B, C, D mit einem Erbteil von je ¼ und den (Enkel-) Kindern E und F mit einem Erbteil von je 1/8. Sollte hingegen Kind A kinderlos vorverstorben sein, so würde sein Erbteil von ¼ den anderen Kindern B, C und D „anwachsen“, mit der Folge, dass eine Erbengemeinschaft bestehend aus den Kindern B, C, und D mit einer Erbquote von je 1/3 entsteht.

Expertentipp:

Bernhard F. Klinger, Fachanwalt für Erbrecht in München, rät, in jedem Ehegattentestament immer auch zu regeln, wer Ersatzerbe für den Fall des Vorversterbens oder der Ausschlagung der Erbschaft sein soll.



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