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Interview unseres Mitglieds FAErbR W. Roth zum Erbschaftsfundraising

W. Roth gibt Interview in Fachzeitschrift zum Erbschaftsfundraising

Dass das Erbschaftsfundraising immer bekannter wird, ist mittlerweile auch in juristische Fachkreise durchgedrungen. FAErbR Wolfgang Roth wurde deshalb von der für Juristen führenden Fachzeitschrift NJW (Neue Juristische Wochenschrift) gebeten, dazu ein kurzes Interview abzugeben. Anbei finden Sie das Interview, das in einer der nächsten Ausgaben veröffentlicht wird:



Tue Gutes und lass´ andere darüber sprechen

Im vergangenen Jahr belief sich das Erbschaftsvolumen in Deutschland auf 233 Mrd. Euro. Das freut auch gemeinnützige Organisationen, die immer häufiger testamentarisch bedacht werden und so einen Großteil ihrer Aufgaben finanzieren können. Wer nach seinem Tod noch Gutes tun möchte, kann aber auch eine eigene Stiftung gründen. Fragen rund um letztwillige Verfügungen zu Gunsten gemeinnütziger Stiftungen und Organisationen hat Wolfgang Roth, Fachanwalt für Erbrecht in Obrigheim, der NJW beantwortet.

NJW: Weshalb begünstigen immer mehr Menschen in ihrem Testament gemeinnützige Organisationen?

RA W. Roth: Das hat viele unterschiedliche Gründe: War ein Erblasser bereits zu Lebzeiten einer Organisation zugetan, z.B. als regelmäßiger Spender, ist das Testament die „letzte Möglichkeit“, nochmals etwas Gutes zu tun. Andere wollen den Nachlass schlichtweg der Erbschaftsteuer entziehen. Dazu wird oft auch eine Stiftung errichtet, wodurch der Verstorbene quasi „weiterlebt“. Ab und zu nutzt der Testierende die letztwillige Verfügung aber auch einfach dazu, um den Hinterbliebenen „eins auszuwischen“.


NJW: Den Erben „eins auszuwischen“ ist also eher selten das maßgebliche Motiv?

RA W. Roth: Ja, besonders wenn zerstrittene Familienverhältnisse vorliegen, tritt diese Intention zu Tage, was aber nicht allzu oft der Fall ist. Vielmehr werden in der Regel mehrere gemeinnützige Organisationen mit Vermächtnissen bedacht. Der altruistische Gedanke ist nicht selten die treibende Kraft, um gemeinnützige Organisationen zu bedenken.

NJW: Trotzdem dürfte die Erben eine solche letztwillige Verfügung kaum freuen. Was sollte ein Erblasser bereits zu Lebzeiten tun, damit seine Angehörigen mit einer solchen letztwilligen Verfügung „leben“ können?

RA W. Roth: Am besten bindet er seine Angehörige in seine eigenen, gemeinnützige Ansichten ein und lässt sie frühzeitig an seinen ethischen Grundeinstellungen teilhaben. Wenn die Angehörigen rechtzeitig verstehen, weshalb er gemeinnützige Organisationen bedenkt, fällt die spätere Akzeptanz wesentlich leichter. Das setzt allerdings offene Kommunikation des Erblassers mit seinen Hinterbliebenen voraus, also ein Gespräch über die Beweggründe und Ziele des Testaments. Ein solches „Generationengespräch“ ist ohnehin jedem, der sich mit seiner Nachfolge beschäftigt, anzuraten: Transparenz vor dem Tod verhindert oft Streit nach dem Tod. Nicht selten mündet die Kommunikation sogar in einen Pflichtteilsverzichtsvertrag.

NJW: Wer nach seinem Tod noch Gutes tun will, kann auch eine gemeinnützige Stiftung gründen. Welche Vorteile bietet die Stiftung gegenüber einer testamentarischen Verfügung?

RA W. Roth: Viele Stiftungen werden durch eine letztwillige Verfügung errichtet, sog. Stiftungen „von Todes wegen“. Gerade Bürgerinnen und Bürger, die in ihrem örtlichen, kirchlichen oder gemeindlichen Umfeld ehrenamtlich aktiv waren (z.B. als Mitarbeiter eines Heimatmuseums, in der örtlichen Kranken- oder Seelsorge usw.), nutzen die Möglichkeit, mittels Testament ihre Arbeit durch eine dauerhafte Stiftung fortzusetzen. Dazu genügt bereits ein Stiftervermögen von ca. 100 000 Euro, um diese jur. Person zu gründen. Das ist ohne größere Umstände möglich. Allerdings sollte ein solches Testament von einem erbrechtlich versierten Fachmann begleitet und entworfen werden, damit die Gemeinnützigkeit der Stiftung nicht verlorengeht.

NJW: Ist eine Stiftung nicht nur sehr reichen Menschen vorbehalten?

RA W. Roth: Nein, das ist ein in der Praxis häufig anzutreffender Irrtum: Die überwiegende Anzahl der errichteten Stiftungen hat ein Stiftungsvermögen von ca. 50 000 bis 100 000 Euro. Wer meint, sein Nachlass reiche für eine eigene Stiftung nicht aus, kann ihn in eine sog. Zustiftung einbringen und mit ihr die „Hauptstiftung“ der gemeinnützigen Organisation unterstützen. In der Regel verwaltet die „Hauptstiftung“ dann auch die Zustiftung, was die praktische Arbeit erheblich erleichtert.

NJW: Inwieweit werden durch die Gründung einer Stiftung Pflichtteilsansprüche pflichtteilsberechtigter Angehöriger berührt?

RA W. Roth: Die Pflichtteilsberechtigten gehen trotz Vorliegens einer Stiftung nicht leer aus. Ihre Pflichtteilsansprüche müssen sie dann eben von der Stiftung als jur. Person einfordern.

NJW: Non-Profit-Organisationen betreiben mittlerweile ein so genanntes Erbschaftsfundraising. Was versteht man darunter und bietet dieser Bereich neue Beratungsmöglichkeiten für im Erbrecht tätige Anwälte?

RA W. Roth: Viele gemeinnützige Organisationen finanzieren sich zu einem Gutteil aus regelmäßigen oder einmaligen Spenden. Verstirbt der Spender, bietet sich ihm zuvor letztmals die Möglichkeit, den Nachlass oder Teile hiervon der Organisation zukommen zu lassen. Um ihm das zu ermöglichen und später den Nachlass seriös und vertrauensvoll abzuwickeln, aber auch für die Gewinnung von Neuspendern ist das Erbschaftsfundraising das geeignete Mittel. Für im Erbrecht tätige Anwälte kann das ein Feld sein, erbrechtlichen Beratungsbedarf der Spender, die ein solches Testament errichten möchten, auf Empfehlung der Organisation zu befriedigen; allerdings ist es nicht einfach, den Kontakt in dieser Sparte zu einer gemeinnützigen Vereinigung herzustellen.



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