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Nachträgliche Vereinbarung von Entgeltlichkeit lässt Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht entstehen

Im Erbrecht wird der Schutz des Pflichtteilsberechtigten groß geschrieben. Durch die gesetzlichen Regelungen soll verhindert werden, dass der Erblasser vor seinem Tod sein Vermögen verschenkt, um die Beteiligung der nächsten Angehörigen am Nachlass möglichst gering zu halten. Geschützt sind in diesem Sinne alle Personen gemäß § 2303 BGB, regelmäßig Ehegatten und Kinder. Nach § 2325 BGB erhalten sie eine Beteiligung an dem verschenkten Gegenstand in Höhe ihrer Pflichtteilsquote immer dann, wenn seit der Schenkung noch keine 10 Jahre vergangen sind oder die Schenkung an den Ehepartner während der Ehe erfolgte.

Im vorliegenden Fall, den der BGH am 14.02.2007 entschied, hatte der Erblasser seiner Ehefrau ein Grundstück geschenkt, behielt sich lediglich den Nießbrauch daran zurück. Vor seinem Tod allerdings vereinbarte er mit seiner Ehefrau, dass diese - unter Aufhebung des Nießbrauchs - für das Grundstück einen Kaufpreis zu bezahlen habe. Hiernach starb der Erblasser und seine uneheliche Sohn machte gegenüber der Ehefrau Pflichtteilsergänzungsansprüche mit dem Argument geltend, die spätere Vereinbarung einer Gegenleistung könne am ursprünglichen Schenkungscharakter des Geschäfts nichts ändern; deswegen bekäme er als Sohn aus dieser Schenkung Pflichtteilsergänzung. Die Vereinbarung einer Gegenleistung stelle nichts anderes dar als eine Schenkung und einen sich daran anschließenden Verkauf, ohne die erste Schenkung jedoch zu beseitigen.

Der BGH wies die Klage ab. Auch eine nachträgliche Änderung eines Vertrages kann gegenüber einem Dritten, hier dem Pflichtteilsberechtigten, Wirkung entfalten. Das Pflichtteilsrecht soll den Pflichtteilsberechtigten nur vor einer Aushöhlung des Nachlasses durch Schenkungen schützen; nur bei einer Schenkung werde dem Nachlass keine adäquate Gegenleistung zugeführt. 

Es könne also hinsichtlich des erst beim Erbfall entstehenden Pflichtteilsergänzungsanspruchs nicht unberücksichtigt bleiben, wenn vor dem Tod des Erblassers Entgeltlichkeit des Geschäfts nachträglich herbeigeführt würde. Durch die nachträgliche Entgeltlichkeit des Geschäfts und den damit verbundenen Zufluss einer Gegenleistung zum Nachlass ist Letzterer gerade nicht ausgehöhlt, der Pflichtteilsberechtigte damit nicht schutzwürdig. Der Nachlass hat ein Äquivalent zu den weg gegebenen Gegenstand erhalten. Eine Rückschenkung sei hierin nicht zu erblicken.

Einzig ist die Frage zu stellen, ob der Kaufpreis dem Verkehrswert des Objekts entsprach beziehungsweise Leistung und Gegenleistung in einem groben Missverhältnis zueinander stehen. Nur wenn Letzteres der Fall ist, ist von einer Teilentgeltlichkeit auszugehen, die in Höhe der Schenkung Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen kann.



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