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Besitzschutz unter Miterben bei wechselseitig begangener verbotener Eigenmacht

Mitlieder einer zerstrittenen Erbengemeinschaft versuchen nicht selten, dadurch Fakten zu schaffen, dass sie durch eigenmächtiges Handeln Nachlasswerte in ihren Alleinbesitz bringen. Für eine erfolgreiche Vertretung eines Miterben kommt es dann darauf an, auf „zu aktive“ Miterben unverzüglich und konsequent zu reagieren.
Nachdem zunächst eine Miterbin diverse Nachlassgegenstände aus einer Immobilie des Erblassers weggeschafft hatte, entfernte auch die andere Miterbin Gegenstände aus dem Haus, angeblich um diese zu „sichern“. Letztere wurde daraufhin von der Miterbin im Wege der einstweiligen Verfügung auf Herausgabe an die Erbengemeinschaft in Anspruch genommen.

Das AG Rostock gab dem Verfügungsantrag gem. §§ 861 I, 2039 BGB statt. Die Verfügungsklägerin kann von der Miterbin verlangen, dass diese von ihr aus dem Wohnhaus des Erblassers mittels verbotener Eigenmacht (§ 858 I BGB) entfernte Nachlassgegenstände an diesen Ort zurückbringt, damit der Besitz der Erbengemeinschaft wieder begründet wird. Dem Besitzanspruch steht nicht entgegen, dass die Anspruchstellerin zuvor selbst mittels verbotener Eigenmacht andere Nachlassgegenstände aus dem Haus entfernt hatte. Hieraus lässt sich kein Rechtfertigungsgrund für die begangene verbotene Eigenmacht der Anspruchsgegnerin herleiten. Zwar ist der Besitzschutz unter Mitbesitzern gem. § 866 BGB beschränkt, jedoch nicht, soweit der Besitz endgültig entzogen wird, da damit die Grenzen zulässigen Mitbesitzes überschritten werden (Palandt/Bassenge, BGB, 64. Aufl., § 866 Rdnr. 5). Eines Verfügungsgrundes bedarf es im Falle der Besitzentziehung mittels verbotener Eigenmacht regelmäßig nicht (Palandt/Bassenge, § 861 Rdnr. 18).

Praxishinweis: Ein Miterbe, der einen Nachlassgegenstand eigenmächtig in Besitz nimmt und nutzt, ist unverzüglich aufzufordern, dem Erben wieder Mitbesitz einzuräumen oder aber eine Nutzungsentschädigung zu zahlen. Uneinsichtige Miterben sollten mittels einstweiliger Verfügung in ihre Schranken verwiesen werden. Bei der Miterbenklage des § 2039 BGB ist zu beachten, dass der Antrag auf Leistung an alle Miterben lauten muss.
(AG Rostock, Urteil vom 8.7.2005 – 46 C 261/05 = NJW-RR 2005, Heft 23)



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