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Betreuer trotz Vorsorgevollmacht

Das OLG Brandenburg, hat am 10.3.2005 festgestellt, dass zwar bei Vorliegen einer Vorsorgevollmacht grundsätzlich kein Betreuer zu bestellen ist, in bestimmten Ausnahmefällen aber sehr wohl eine Betreuerbestellung erforderlich ist.

Es hatte folgenden Sachverhalt zu entscheiden:Am 11.1.1999 erteilte die Mutter ihre Tochter zur Vermeidung einer Betreuung eine General-Vorsorgevollmacht. Die Mutter war seit 2003 umfassend pflegebedürftig, geschäftsunfähig und nicht mehr in der Lage, sich zu äußern. Das Vormundschaftsgericht hatte trotz Vorliegens der Vollmacht einen Berufsbetreuer eingesetzt, weil die Tochter im konkreten Fall nicht in der Lage war die Angelegenheiten der Mutter ebenso gut wie ein Betreuer zu besorgen. 

Das OLG Brandenburg stellte hierzu fest:

Zwar scheide eine Betreuung grundsätzlich aus, wenn eine Vorsorgevollmacht erteilt sei.Trotzdem sei eine Betreuung in folgenden Fällen möglich und geboten:
· wenn die Wirksamkeit der vorgelegten Vollmacht zweifelhaft sei
· wenn die erteilte Vollmacht den Anforderungen an eine Vorsorgevollmacht nicht genüge
· wenn der Bevollmächtigte die Vollmacht zum Nachteil des Betroffenen missbraucht habe
· wenn die Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen durch den Bevollmächtigten eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen begründet

Letzteres traf auch im Fall des OLG Brandenburg zu, da die Tochter ungeeignet war, die Interessen ihrer Mutter sachgerecht wahrzunehmen. Die Tochter war aus psychischen Gründen nicht in der Lage die Pflegebedürfnisse ihrer Mutter sachgerecht und mit der gebotenen Distanz zu erkennen und eine sach- und fachgerechte Pflege der Mutter sicherzustellen. Sie konnte zum Beispiel nicht mit anderen Pflegestellen zusammenzuarbeiten, was zur Sicherstellung der sachgerechten Pflege der Mutter erfoderlich gewesen wäre, sondern betrachtete vielmehr die von dort ausgehende Anregungen als unerwünschte Einmischung in ihre Beziehung zu ihrer Mutter.

Für Experten: NJW 2005, 1587



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