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Deutsche Steuerflüchtlinge müssen sich fürchten!

Interview der MALLORCA ZEITUNG mit Wolf Klinz (FDP), der einer von sieben hessischen Europaabgeordneten und Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und Währung ist. Der gebürtige Wiener leitete europäische Großkonzerne und gehörte zuletzt dem Vorstand des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) an. 


Müssen sich Steuerflüchtlinge auf Mallorca vor der EU-Zinsrichtlinie fürchten? 
Klinz: Deutsche mit Hauptwohnsitz in Deutschland und Zweitwohnsitz und Schwarzgeld in Spanien müssen sich in der Tat fürchten. Die EU-Zinsrichtlinie macht Steuerhinterziehung schwerer, weil Zinserträge aus 22 EU-Staaten gemeldet werden und somit im Wohnsitzstaat zu besteuern sind. In einigen Ländern wird die EU-Zinsrichtlinie übergangsweise durch die automatische Einbehaltung einer Quellensteuer umgesetzt. Dies ist der Fall für Österreich, Luxemburg, Belgien und eine Reihe von Drittstaaten wie die Schweiz, Monaco, Liechtenstein oder Andorra. 

Wo gibt es jetzt noch Lücken im Kampf gegen Steuersünder? 
Klinz: Die EU-Zinsrichtlinie hat Löcher im Kampf gegen Steuerhinterziehung gestopft. Damit ist jedoch nicht die Wurzel des Problems beseitigt. Der Anreiz, Steuern zu hinterziehen, ist die ständig steigende Steuer- und Abgabenbelastung in Deutschland. Steuerflucht wäre kein Thema, wenn wir ein einfaches und gerechtes Steuersystem hätten, wie es die FDP schon lange vorschlägt: niedrige Steuersätze, dafür weniger Ausnahmetatbestände. 

Banken aus Österreich informieren auf Mallorca über "Möglichkeiten, Steuern zu optimieren". Wie beurteilen Sie dies in Hinblick auf die Ausnahmeregelungen bei der Zinsrichtlinie? 
Klinz: Auch bisher ist es Vorschrift, sein Welteinkommen beim Wohnsitzland zu melden. EU-Bürger, die einem Höchststeuersatz von über 35 Prozent unterliegen, profitieren vom Quellensteuerabzug etwa in Österreich. Dieser Steuerabzug liegt bei 15 Prozent, steigt aber 2008 auf 20 und 2011 auf 35 Prozent. 

Ist die angebotene Steueramnestie für Deutsche gescheitert? 
Klinz: Ein klares Ja. Sie hat nur einen Bruchteil der erwarteten 5 Milliarden Euro Steuereinnahmen gebracht. Auch die Bundesregierung gesteht das Scheitern. Die angebotene Steueramnestie hat keine attraktiven Anreize geschaffen, um Schwarzgeld nach Deutschland zurückzubringen. 

Das deutsche Bankgeheimnis ist gefallen - was bedeutet das für Deutsche in Spanien? 
Klinz: Das Fallen des Bankgeheimnisses in Deutschland hat natürlich Auswirkungen auf Deutsche, die in Spanien ihren Zweitwohnsitz haben. Aber auch Deutsche mit Hauptwohnsitz in Spanien können nicht auf ein Bankgeheimnis hoffen, denn das besteht laut spanischem Recht nicht. 

Sollte auch das Bankgeheimnis auf europäischer Ebene fallen? 
Klinz: Das Bankgeheimnis war in vielen Ländern den Bürgern verfassungsmäßig zugesagt. Die systematische und kontinuierliche Unterhöhlung dieser Zusage ist bedauerlich. Mit Ausnahme von Österreich, Luxemburg und Belgien gibt es in der EU de facto kein Bankgeheimnis mehr. 

Funktioniert die Kooperation der Finanzbehörden in Europa? 
Klinz: Die Zusammenarbeit war schon bisher relativ gut geregelt. Im Rahmen der Umsetzung der EU-Zinsrichtlinie wird der Informationsfluss zwischen den Behörden nicht nur deutlich gesteigert, sondern sogar automatisch vorgenommen, und somit die Zusammenarbeit optimiert. 

Inwieweit müssen die Steuersysteme angeglichen werden? 
Klinz: Für die direkten Steuern sollte es einen Wettbewerb der Steuersysteme geben; im Bereich der Mehrwertsteuer wäre jedoch eine weitgehende Angleichung vorteilhaft. 

Was bringt das Alterseinkünftegesetz für deutsche Rentner auf Mallorca? 
Klinz: Es wird die gleichen Auswirkungen auf deutsche Rentner in Deutschland wie auf Mallorca haben. Der Teil der Rente, der als Wertzuwachs bezeichnet wird, wird besteuert. 

Wird Spanien noch Zuflucht für Steuerflüchtlinge bieten? 
Klinz: Eindeutig nein. 



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