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Entlassung des Testamentsvollstreckers bei langer Dauer der Abwicklungsvollstreckung

Nach § 2227 I BGB kann das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker auf Antrag entlassen, wenn dafür ein wichtiger Grund gegeben ist.

Das OLG Köln urteilte, dass die langjährige Dauer einer Abwicklungsvollstreckung ein Anzeichen dafür sein kann, dass der Testamentsvollstrecker den gestellten Aufgaben nicht gewachsen ist und er zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung offensichtlich nicht imstande ist. Unfähigkeit i.S. des § 2227 I BGB ist im weiten Sinn zu verstehen und setzt kein Verschulden voraus. Sie kann sich aus Untätigkeit ergeben und aus dem Unvermögen, die Auseinandersetzung in gehöriger Weise durchzuführen (BayObLG, FamRZ 1991, 235). Indes spricht allein eine Dauer von zehn Jahren nicht zwingend für eine Unfähigkeit des Testamentsvollstreckers. Vielmehr bedarf es weiterer Feststellungen dazu, worauf diese Verzögerung zurückzuführen ist. Sind die Ursachen in dem Verhalten des Testamentsvollstreckers begründet, so kann dies eine Entlassung aus seinem Amt rechtfertigen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Problematik der langen Dauer der Abwicklungstestamentsvollstreckung bereits Gegenstand eines früheren Entlassungsantrags war und sich die verzögerliche Abwicklung anschließend nicht geändert hat. Das Gericht weist darauf hin, dass eine grobe Verletzung der Pflichten des Testamentsvollstreckers auch darin gesehen werden kann, dass dieser entgegen der gesetzlichen Regelung in § 2215 I BGB nicht unverzüglich nach der Annahme seines Amtes ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände und der bekannten Nachlassverbindlichkeiten erstellt hat. 

Sollten die Erben bei Annahme des Amtes als Testamentsvollstrecker auf die Erstellung eines entsprechenden Verzeichnisses verzichtet haben, führt dies nicht zu einem völligen Wegfall dieser gesetzlichen Verpflichtung des Testamentsvollstreckers. Vielmehr können die Berechtigten auch zu einem späteren Zeitpunkt, selbst nach längerer Zeit, von dem Testamentsvollstrecker die Erstellung eines entsprechenden Verzeichnisses beanspruchen. Mit dem Nachlassverzeichnis soll nach dem Zweck der gesetzlichen Regelung eine Grundlage für die spätere Rechenschaftslegung des Testamentsvollstreckers (§§ 2218, 666 BGB), für die Kontrolle seines Verwaltungshandelns (§ 2216 I BGB), für die Kontrolle der Erfüllung der Verpflichtung zur Herausgabe des Nachlasses nach der Beendigung des Amtes (§§ 2218, 667 BGB) sowie für die Feststellung einer etwaigen Haftung des Testamentsvollstreckers (§ 2219 BGB) geschaffen werden.

Praxishinweis: Die Entlassung des Testamentsvollstreckers beendet nicht zwangsläufig die Testamentsvollstreckung als solche. Der Berater sollte deshalb prüfen, ob die Testamentsvollstreckung nicht aus anderen Gründen (z.B. § 2306 BGB) unwirksam angeordnet wurde.

(OLG Köln, Beschluss vom 27.10.2004 – 2 Wx 29/04) 



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